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Update Natoya-Konferenz (2)

Weltnaturschutzkonferenz vor entscheidender Phase

WWF warnt vor scheitern

WWF Pressemitteilung, 27.10.10

Frankfurt - Zum Start der entscheidenden Phase der Weltnaturschutzkonferenz im japanischen Nagoya warnt der WWF vor einem Scheitern der Versammlung. Entwicklungs- und Industrieländer müssten ihre Gegensätze überwinden und sich sowohl auf ein Abkommen gegen Biopiraterie als auch einen internationalen Rettungsplan für die Artenvielfalt verständigen. Dazu gehört aus Sicht des WWF eine Übereinkunft, 20 Prozent der Erde als Schutzgebiete auszuweisen.

Wie dringend ein solcher Rettungsplan ist, zeigt die heute in Nagoya vorgelegte Bestandsaufnahme der Weltnaturschutzunion über die Artenvielfalt. Besorgnis erregend: jede fünfte Wirbeltierart weltweit ist bedroht. Bei den Amphibien sind es sogar 41 Prozent. Insgesamt 50 Säugetiere, Vögel und Amphibienarten klettern jährlich auf der Gefährdungsskala einen Schritt nach oben Richtung aussterben.

"Das Ergebnis ist eine Mahnung an die Verhandlungsteilnehmer in Nagoya, die Naturschutzkonferenz zu einem Erfolg zu bringen und die internationalen Anstrengungen zum Schutz er Biodiversität deutlich zu verstärken", so Günter Mitlacher, der für den WWF Deutschland die Konferenz in Japan beobachtet. "Besonders dramatisch wirkt sich der Lebensraumverlust etwa in Südostasien aus, wo große Waldflächen vor allem für Ölpalmplantagen gerodet werden".

Dennoch nennt die Studie positive Beispiele, die zeigen, dass die Anstrengungen im Naturschutz der vergangenen Jahre weltweit Früchte tragen. Die Bestände von insgesamt 64 Wirbeltierarten haben sich in ihrem Zustand verbessert. Darunter sind drei Arten, die in der Wildnis als ausgestorben galten, unter anderem der Kalifornische Kondor. In den 80er Jahren gab es nur noch wenige Individuen in Gefangenschaft.

"Der Bericht der IUCN zeigt deutlich, dass es ohne weltweite Finanzhilfen noch viel schlechter um die Artenvielfalt stehen würde, und im Umkehrschluss Investitionen in das Naturkapital dringend notwendig sind" so Günter Mitlacher.

Als positives Signal wertet der WWF den Vorstoß des Gastgeberlandes Japan. Japan will zwei Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) für den Naturerhalt bereitstellen. Das Geld solle in den kommenden drei Jahren den Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden, sagte der japanische Regierungschef Naoto Kann.

Ein weiteres positives Signal aus Nagoya kommt aus Sicht des WWF zum Thema Waldschutz. Umweltminister Norbert Röttgen sicherte zehn Millionen Euro für den Erhalt tropischer Wälder zu. Das Geld soll in einen Fonds der Weltbank eingespeist werden, aus dem Projekte in Tropenländern zum Walderhalt gefördert werden sollen.


Hoffnung auf Einigung bei UN-Artenschutzkonferenz steigt

AFP, 28.10.10

http://de.news.yahoo.com/2/20101028/twl-hoffnung-auf-einigung-bei-un-artensc-8672b4c.html




Schutzmaßnahmen sicherten Überleben jeder fünften Art

AFP, 27.10.10

http://de.news.yahoo.com/2/20101027/tsc-schutzmassnahmen-sicherten-ueberlebe-5fcb2b9.html


Mittwoch, 27. Oktober, 15:07 Uhr

Japan will Artenschutzkonferenz mit großzügiger Entwicklungshilfe vor Scheitern retten

Tokio (dapd). Japan hat bei der UN-Konferenz zur Artenvielfalt am Mittwoch großzügige Unterstützung für die Entwicklungsländer angeboten. Mit der Zusage von zwei Milliarden Dollar (1,44 Milliarden Euro) durch das Gastgeberland könnte Bewegung in die bislang stockenden Gespräche in Nagoya kommen. Umweltverbände warnen vor einem Scheitern der Versammlung. (...)

http://de.news.yahoo.com/17/20101027/tsc-japan-will-artenschutzkonferenz-mit-4e0be13.html


COP10 in Nagoya – Für fundiertes Wissen aus der Forschung kein Platz mehr

Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland Pressemitteilung, 28.10.10

Nach eineinhalb Wochen Verhandlungen für verbindliche Regelungen für den Schutz und die Nutzung der natürlichen Ressourcen der Welt ist die Themenfülle so massiv geworden, dass selbst erfahrene Begleiter der UN-Konferenzen kaum noch den Überblick behalten. Eine Diskussion auf bester Wissensbasis wird dadurch fast unmöglich, Experten aus der Biodiversitätsforschung haben in dieser Struktur so gut wie keine Möglichkeit, notwendiges Wissen beizusteuern. Das muss sich dringend ändern, um wirkungsvolle Konzepte zur Erhaltung der Lebensgrundlage für heutige und künftige Generationen zu erhalten. Eine Lösung könnte der internationale Wissenschaftsrat für Biodiversität IPBES sein, dessen Einrichtung derzeit die UN-Vollversammlung in New York absegnen soll.

„Es beschleicht einen das Gefühl, als ob fast jedem etwas mulmig ist ob der zunehmenden Komplexität der Verhandlungen und der Vielfalt an Baustellen." schreibt Dr. Carsten Neßhöver, der die 10. UN-Konferenz zur Biodiversität (COP10) in Nagoya begleitet, im NeFo-Blog. Tatsächlich wächst die Zahl der Themen, die auf der alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz verhandelt werden, mit jedem Mal an. Wie ein gigantischer Ballon bläst sich die Konvention der UN zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf. Grund dafür ist zum einen die zunehmende Verknüpfung mit sich überschneidenden politischen Bereichen wie etwa dem Klimawandel, der einer der maßgeblichen Treiber des Artensterbens ist, zum anderen aber auch die Verschiebung von Entscheidungen auf spätere COPs, wenn partout keine Einigung zustande kommt. So gibt es hinter vorgehaltener Hand schon Stimmen, dass die diesjährige Konferenz unterbrochen und im nächsten Jahr fortgesetzt werden könnte - um Zeit zu gewinnen und nicht den Anschein eines Scheiterns zu erwecken.

Konsensprinzip der CBD erschwert wirksame Beschlüsse

Hierzu muss man wissen: Die Biodiversitätskonvention CBD beschließt auf Konsensbasis. Ein Beschlusstext muss also so lange geändert werden, bis keiner der 193 Staaten mehr Einspruch erhebt. Diese Regelung führt zum einen leicht zur Verwässerung ursprünglich angestrebter ambitionierter Ziele (siehe NeFo-Blog vom 26. Oktober 2010), zum anderen kommen manche Beschlüsse in besonders kontroversen Bereichen auf diese Weise einfach gar nicht erst zustande.

Das beste Beispiel hierfür bietet das Tauziehen um den Gerechten Vorteilsausgleichs (Access and Benefit Sharing - ABS). Dieses Grundziel der CBD sieht vor, Ursprungsländer von Arten, die beispielsweise als Basis für die Entwicklung von Pharmaerzeugnissen genutzt werden, an den Gewinnen der Konzerne zu beteiligen und beim Aufbau eigener Infrastruktur für die Nutzung zu unterstützen. Die ABS-Arbeitsgruppe ist eine der ältesten. Fast seit Beginn der CBD verhandeln hier die Vertreter von Industrie- und Entwicklungsländern jedes Jahr um verbindliche Regelungen. Bisher ohne Erfolg.

Vor allem aber führt die Themenfülle zu einer Überfrachtung der Akteure wie Staatenvertretern, NGOs, Indigenen und Wissenschaftlern. Die drei letzten haben ein Rederecht erst nach den Staatsdelegationen und kommen mit ihren Argumenten oft aus Zeitmangel gar nicht mehr zum Zug.

Da der Verlust der Biodiversität selbst vielfältige Ursachen wie Landnutzung, Überfischung oder auch Klimawandel hat, tangieren die Verhandlungen um Biodiversität obendrein noch andere internationale Verhandlungsprozesse. „Das zeigt sich etwa in der Anwesenheit von „Klimaprofiverhandlern" in einigen Delegationen, die starke Beschlüsse zum Schutz der Biodiversität zu Gunsten einer Flexibilität in den späteren Verhandlungen zur Klimarahmenkonvention vermeiden wollen." hat Neßhöver festgestellt. Den tatsächlichen Stand des Wissens zur Entwicklung und Gefährdung von Ökosystemen, zu den Verursachern des Schwundes sowie wirkungsvollen Schutzmaßnahmen oder Nutzungsmöglichkeiten, in die Verhandlungen einzubeziehen, ist enorm schwierig. Die diversen sehr guten Reports, die auf den Gängen lägen, werden in der „Hitze der Verhandlungen" in letzter Konsequenz selten berücksichtigt, meint Neßhöver.

IPBES könnte wissensbasiertere Verhandlungen ermöglichen

Deshalb hofft die Biodiversitätsforschung auf die Einrichtung eines internationalen wissenschaftlichen Beratungsgremiums zu Biodiversitätsthemen. IPBES (Intergovernmental Panel on Biodiversity and Ecosystem Services) soll in Überblickstudien den Wissensstand im Vorfeld von Vertragsstaatenkonferenzen zusammentragen und dem Problem des globalen Biodiversitätsverlustes durch internationalen Zusammenhalt der Biodiversitätsforschenden stärkeres Gewicht verleihen. Vorbild ist der IPCC in Klimafragen, ohne den die Thematik sicherlich nicht so schnell die Beachtung erlangt hätte, die sie heute hat. Ob IPBES zustande kommt, entscheidet sich vermutlich bis Ende des Jahres bei der UN-Vollversammlung in New York. Das Gremium soll bewusst nicht im Rahmen der CBD laufen, sondern auch andere internationale Prozesse beraten - und damit eine Unabhängigkeit haben, die dringend nötig ist.







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