Aktuell


Erfolg für Awá, Vertreibung für Nukak

Kampagne rettet das bedrohteste Volk der Welt

Survival international Deutschland e.V. Pressemitteilung, 25.4.14

Die Kampagne zur Rettung des bedrohtesten Volkes der Welt feiert einen beispiellosen Erfolg, nachdem Brasiliens Regierung erklärt hat, dass alle illegalen Eindringlinge das indigene Awá-Territorium im Osten des Amazonas-Regenwaldes verlassen haben.

Die Meldung kommt genau zwei Jahre nachdem Survival International und der Hollywood-Star Colin Firth die Kampagne zur Rettung der Awá ins Leben riefen. Damit markiert die Kampagne auch einen neuen Rekord für Survivals Bemühungen zum Schutz des Landes indigener Völker.

Nach beispiellosem internationalen Protest schickte Brasiliens Regierung im Januar 2014 Hunderte Einsatzkräfte in die Region, um das Land der Awá vor illegalen Viehzüchtern und Holzfällern zu schützen. Nach einem Kontrollflug über das Gebiet vergangene Woche, übergaben Staatsanwalt und Richter, die mit dem Fall betraut sind, den Awá eine offizielle Bestätigung, dass nun alle nicht-indigenen Personen das Gebiet verlassen haben.

Das Land der Awá umfasst einige der letzten erhaltenen Flecken Regenwaldes im östlichen Amazonasgebiet, obwohl illegale Holzfäller über 30 Prozent des Awá-Territoriums verwüstet haben.

Brasilianische Experten hatten davor gewarnt, dass die Awá, eines der letzten nomadischen Jäger und Sammler-Völker des Amazonasgebietes, ohne Hilfe bald ausgerottet wären. Rund 100 Awá leben weiterhin unkontaktiert – sie sind gegenüber eingeschleppten Erkrankungen besonders anfällig.

Die Awá hatten mehrere verzweifelte Aufrufe an die Regierung gerichtet und gebeten die illegalen Eindringlinge auszuweisen, von denen viele bewaffnet sind. In der Vergangenheit kam es auch immer wieder zu gewaltsamen Angriffen auf die Awá.

“Wir können nicht jagen … Wir bringen kein Essen mehr zurück”, erklärte ein Awá. “Die Holzfäller sind schon lange hier … Wir haben den Menschen gesagt, dass die Holzfäller hier sind und ihre Kettensägen, Maschinen und Trucks laut kreischen.”

Der Amazonas-Indigene und Aktivist Nixiwaka Yawanawá erklärte: “Dies ist ein wichtiger Erfolg, der Survival Internationals unermüdlicher Arbeit für den Schutz des Waldes und des Lebens meiner Brüder und Schwestern geschuldet ist, sowie dem Druck der internationalen Gemeinschaft auf die brasilianische Regierung, damit diese die Landrechte indigener Völker nach der Verfassung Brasiliens schützt. Wir danken alle Unterstützern, die in diesem Kampf solidarisch an unserer Seite standen.”

Fakten und Zahlen zu Survivals rekordverdächtiger Awá-Kampagne:

  • Über 57.000 E-Mails wurden an den brasilianischen Justizminister geschickt, um ihn aufzufordern, die illegalen Holzfäller auszuweisen.
  • Dutzende Stars erklärten ihre Unterstützung für die Awá, darunter der weltbekannte brasilianische Fotograf Sebastião Salgado, die Schauspielerinnen Eva Habermann und Gillian Anderson und die Modeikone Vivienne Westwood.
  • Hunderte Awá-Symbole, das Markenzeichen der Kampagne, tauchten dank zahlreicher Unterstützer in über 38 Ländern auf.
  • Mehrere Anzeigenkampagnen informierten Millionen Menschen weltweit über das Leid der Awá.
  • Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte, die wichtigste Menschenrechtsorganisation des amerikanischen Kontinents, griff nach einem Bericht von Survival International und der brasilianischen Organisation CIMI, die seit Jahrzehnten mit den Awá arbeitet, ein.
Survival fordert nun von den brasilianischen Behörden die Umsetzung eines langfristigen Landschutzplans, um das Awá-Territorium vor der Rückkehr der Eindringlinge zu schützen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte heute: “Wir würden heute diesen Erfolg nicht feiern können, hätte es keine öffentlichkeitswirksame Kampagne gegeben, um Brasiliens Regierung zum Handeln zu bringen. Dies ist ein konkreter Beweis dafür, dass das effektivste Mittel zum Schutz des Überlebens indigener Völker die öffentliche Meinung ist. Awá-Unterstützer weltweit müssen jetzt den Druck aufrecht erhalten, um sicherzustellen, dass ausreichende Schritte unternommen werden, um die Eindringlinge dauerhaft fern zu halten.”


Kolumbien: Zuletzt kontaktiertes Volk gewaltsam vertrieben

Survival international Deutschland e.V. Pressemitteilung, 25.4.14

Die Nukak-Indianer sind von bewaffneten Gruppen überfallen und dazu gezwungen worden, ihre Häuser zu verlassen. Die Nukak sind das zuletzt kontaktierte indigene Volk Kolumbiens. Acht Nukak-Familien wurden von ihrem Gebiet im Südosten Kolumbiens, nahe der Gemeinde San José del Guaviare, vertrieben. Sie haben in provisorischen Lagern Schutz gefunden.

Die Existenz der Nukak wurde erst 1988 weitgehend bekannt, als rund 40 ihrer Angehörigen in einer Stadt erschienen, die Siedler im angestammten Gebiet des indigenen Volkes kurz zuvor errichtet hatten. Nach der Kontaktaufnahme starb die Hälfte der Nukak an eingeschleppten Krankheiten wie Grippe oder Malaria.

Trotz der erfolgreichen Kampagne zur Gründung eines Schutzgebietes für die Nukak, die von Survival International, der nationalen Organisation für Indigene (ONIC) und anderer Organisationen geführt wurde, sind illegal bewaffnete Gruppen und Kokabauer in ihren Wald eingedrungen. Vermutlich ist das Gebiet mit Landminen übersät.

Aus den einst nomadischen Jägern und Sammlern wurden weitgehend sesshafte Flüchtlinge, die zum Überleben auf Almosen des Staates angewiesen sind.

Kolumbiens blutiger Konflikt zwischen bewaffneten Gruppen – die sich inzwischen hauptsächlich durch den Kokain-Handel finanzieren – und den Regierungskräften, hat das Leben Zehntausender Indigener zerstört. Laut ONIC werden täglich 35 kolumbianische Indianer zwangsumgesiedelt. Alle 40 Stunden wird ein Indigener getötet.


Brasiliens dunkle Seite: Unbekannte Fakten zur Fußball-WM

Survival international Deutschland e.V. Pressemitteilung, 23.4.14

In 50 Tagen beginnt in Brasilien die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft. Survival International macht zu diesem Anlass mit der Kampagne 'Brasiliens dunkle Seite' auf die Menschenrechtslage indigener Völker aufmerksam und enthüllt kaum bekannte Fakten über die indigene Bevölkerung Brasiliens rund um die Fußball-WM.

Während sich Brasilien als vielstimmige Demokratie präsentiert, die eine Weltmeisterschaft “für jeden” ausrichtet, planen Regierung und Landbesitzer Gesetzesänderungen, die die Rechte von Brasiliens indigenen Völkern dramatisch beschneiden könnten. Anhand von Beispielen aus Brasiliens Vergangenheit und Gegenwart zeigt “Brasiliens dunkle Seite”, wie sich Regierung und Landbesitzer seit Jahrhunderten auf Kosten indigener Völker bereichern:
  • Brasiliens indigene Bevölkerung fiel von fast 10 Millionen bei Ankunft der Europäer (1500) auf nur noch 100.000 in den 1950er Jahren. Manche der Völker, die überlebt haben, zählen heute weniger Angehörige als die 11 Personen in einer Fußballmannschaft.
  • Das kleinste Stadion in Curitiba würde mit seinen 41.456 Plätzen ausreichend Platz für das größte Amazonas-Volk (die Tikuna, 40.000 Personen) bieten. Im größten Stadion, das Maracanã in Rio, gibt es 76.804 Plätze; das ist deutlich mehr als Brasiliens größtes indigenes Volk (die Guarani, 51.000 Personen).
  • In den Bundesstaaten, in denen sich die Stadien befinden, spielen sich einige der akutesten Landkonflikte ab. Die Xetá im Bundesstaat Paraná zum Beispiel wurden in den 1950er Jahren fast ausgelöscht, nachdem ihr Land gestohlen wurde; 1999 gab es nur noch acht Überlebende.
  • Sechs Stunden vom Stadion in Salvador entfernt, leben die Tupinambá. Sie erleben zur Zeit Übergriffe durch die Polizei, die in ihre Dörfer einfällt, um sie zu vertreiben. Dort sollen sich Viehzuchtfarmen niederlassen.
  • Die FIFA nennt Deutsch und Italienisch als Beispiele für die vielfältigen Sprachen Brasiliens. Dass die Mehrheit der in Brasilien gesprochenen Sprachen (über 200) indigener Herkunft ist, findet keine Erwähnung.
  • Die Sicherheitsmaßnahmen zur Fußball-WM kosten 791 Millionen US-Dollar, was etwa dem zehnfachen des Jahresbudgets der brasilianischen Indianerschutzbehörde (FUNAI) entspricht.
  • Das Stadion in der Stadt Manaus wurde im Stil eines indigenen Korbes errichtet. Manaus boomte im 19. Jahrhundert als Zentrum des Kautschukzapfens, als Hunderttausende Indigene versklavt wurden, um Kautschuk für die internationale Autoreifen-Produktion zu gewinnen.
  • Der WM-Sponsor Coca-Cola wirbt mit Indianern, ist aber in ein Landkonflikt mit den Guarani verwickelt: Das Unternehmen bezieht Zucker vom Lebensmittelkonzern Bunge, der Zuckerrohr auf Land anbaut, das den Guarani gestohlen wurde.
Linda Poppe, Koordinatorin von Survival Deutschland, sagte heute: “Die Fußball-WM wird Brasiliens indigenen Völkern nichts bringen. Regierung, FIFA und Sponsoren schreiben sie regelrecht aus Brasiliens Geschichte heraus oder wischen den Kampf um ihre Rechte beiseite. Wenn sich für indigene Völker etwas ändern soll, muss Brasiliens dunkle Seite dringend ans Licht der Öffentlichkeit. Dann wird sich Brasilien auch fragen müssen, ob es für seinen Ruf nicht besser wäre, mehr in die Rechte seiner eigenen Bevölkerung als in große Sportevents zu investieren.”


Manaus, ein tödliches Stadion mitten im Dschungel

Verunglückte Arbeiter und Korruptionsvorwürfe: Viele Brasilianer kritisieren den Bau des WM-Stadions in Manaus. Sein Architekt entwarf auch den neuen Berliner Flughafen.

Von Philipp Lichterbeck, ZEIT ONLINE, 24.4.14

http://www.zeit.de/sport/2014-04/wm-2014-stadion-manaus-amazonas-arena




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