Aktuell


Vollversammlung des Weltbiodiversitätsrates

„Es kann schmerzhaft werden“

Die UNO will den Zustand der Biodiversität untersuchen. Das wissenschaftliche Gremium soll nach dem Vorbild des Weltklimarats IPCC agieren.

Von Bernhard Pötter, taz, 18.1.14

http://www.taz.de/!153041/


Deutschlands Biodiversitätsexpertise verfolgt die politischen Verhandlungen zum Weltbiodiversitätsrat IPBES in Bonn

newsropa.de , 15.1.15

http://www.newsropa.de/index.php?id=115&tx_ttnews%5Btt_news%5D=22944&tx_ttnews%5BbackPid%5D=7&cHash=e24acfb0cd


Experte warnt vor wirtschaftlichen Konsequenzen für die Landwirtschaft

Deutschlandfunk, 16.1.15

http://www.deutschlandfunk.de/artensterben-experte-warnt-vor-wirtschaftlichen.697.de.html?dram:article_id=308883


Fazit von IPBES-3: Viel Arbeit für die nächsten Jahre

Vom NeFo Team vor Ort – Carsten Neßhöver, Michael Cormann, Katja Heubach, Verena Müller, Katrin Reuter & Malte Timpte, 19.1.15

IPBES-3 endete am Samstag nach einer etwas hakeligen letzten Plenumssitzung um 19 Uhr. Alle verhandelten Dokumente wurden verabschiedet, was die Delegierten durchweg froh machte. Eine kooperative Stimmung führte dazu, dass auch einige Missverständnisse und Missstimmungen aufgrund von prozeduralen Fehlern seitens der Konferenzleitung am Ende ignoriert wurden - zum Wohle der Ergebnisse. Dies ist nicht selbstverständlich bei großen UN-Prozessen. Und wie mittlerweile üblich bei solchen Verhandlungen wurde noch bis zum letzten Moment, Samstag Mittag um 13:15 Uhr, verhandelt (ein Grund für die Probleme am Ende). Während man das beim Thema "Budget" erwarten konnte, da dies erst nach den anderen Entscheidungen fertiggestellt werden kann, war der allerletzte Beschluss in der Kontaktgruppe … die Stakeholder Engagement Strategy. Aber man hat sich auch dort geeinigt, was besonders erfreulich und gerade auch den deutschen Gastgebern sehr wichtig war. Hier die Ergebnisse in Kürze.

Arbeitsprogramm allgemein: Es wurde viel diskutiert, wie die zahlreichen Assessments ggf. zusammengeführt („integriert“) werden können, dies stieß aber wenig auf Gegenliebe, nunmehr liegt ein neues Modell vor, dass die thematischen und regionalen Assessments stärker verbindet. Die Umsetzung wird ambitioniert sein, stellt aber die Eigenständigkeit der einzelnen Elemente des Arbeitsprogrammes weitgehend sicher.

Regionale Assessment: Neben den auf UN-Ebene üblichen Streitereien über den Status einiger Flecken der Erde und wie sie in den zuzuordnenden Länderlisten für die vier regionalen Assessment einzuordnen seien (oder auch nicht), waren die Diskussionen um Verbesserungen zu den regionalen Assessments von einer konstruktiven Atmosphäre geprägt, viele kleine Verbesserungen wurden vorgenommen. Nun geht es darum, die Assessments auf den Weg zu bringen, was in dieser Form einmalig sein wird: Das Millennium Assessment von 2003 bis 2005 hatte zwar diverse sub-globale Assessments, diese waren aber ein uneinheitliche Mischung von der lokalen bis zur regionalen Ebene. Diesmal hat man zwar große „Regionen“, diese werden aber nach dem einheitlichen Konzeptrahmen von IPBES bearbeitet. Ferner werden zusätzliche sub-regionale Assessment (etwa für die EU, im Zusammenhang mit dem MAES-Prozess) möglich sein.

Gebiete auf hoher See: Die Entscheidung für ein „regionales“ Assessment zu den "Open oceans" wurde auf IPBES-4 vertagt, vor allem mit dem Hinweis auf das wohl dieses Jahr abzuschließende „World Oceans Assessments“. Danach soll nochmals geschaut werden, was ggf. zusätzlich gebraucht wird. Im Hintergrund dieses Beschlusses stehen aber vermutlich auch politische Interessen. Einige Länder bremsen auch bei anderen UN-Prozessen zu den Ozeanen erheblich. Ein späteres globales Assessment ohne eine substanzielle Unterfütterung für die Ozeane scheint aber wenig sinnvoll.

Assessment zu Degradierung und Renaturierung: Das Scoping-Dokument wurde mit Nachbesserungen angenommen. Vor allem die UNCCD und die Ramsar-Konvention versprechen sich von diesem Assessment wichtige Impulse. An die Arbeit ...

Thematische Assessments zu Invasiven Arten und nachhaltiger Nutzung von Arten: Nachdem zu Beginn vorgeschlagen worden war, die beiden thematischen Assessments komplett in die regionalen Assessments zu integrieren, sollen sie nunmehr eigenständig bleiben, aber gestrafft und stärker mit den regionalen Assessments verbunden werden.

Katalog zu Politikwerkzeugen und Methoden: Es wurde durchaus kontrovers diskutiert, was in einem solchen Katalog alles diskutiert und zur Verfügung gestellt werden sollte. Mit einigen Hinweisen hierzu erhielt die bestehende Arbeitsgruppe das Mandat, mit der Entwicklung des Katalogs fortzufahren.

Regeln: Die in Antalya noch umstrittenen Regeln zur Annahme von Berichten durch das IPBES Plenum wurde konstruktiv diskutiert und angenommen. Grundsätzlich gilt das Modell des IPCC: Zusammenfassungen für Entscheidungsträger werden „Zeile für Zeile“ diskutiert angenommen, andere Berichte werden weniger detailliert diskutiert (mehr dazu später).

Die Regeln zu Interessenkonflikten wurden intensiv diskutiert, nicht zuletzt, weil beim bereits laufenden Assessment zu Bestäubern hier bereits erste Kritiker auf den Plan getreten sind. Die EU konnte die Delegierten dabei überzeugen, nicht nur die internen Regeln klar festzuzurren (wie weit sie gehen sollten, ist durchaus umstritten), sondern auch eine Möglichkeit zu schaffen, dass potenzielle Interessenkonflikte von außen angezeigt werden können und dann geprüft werden. Dies soll die Transparenz stärken.

Weiterhin ungeklärt ist die Frage nach der Zulassung von Beobachtern: Während China darauf beharrt, im Plenum eine Art Veto für die Zulassung einzelner Beobachter zu haben, bleibt die EU bei ihrer Haltung, eine Ablehnung nur mit 1/3 aller Mitgliedsstaaten zu erlauben. Damit bleibt es bei einer „Übergangsregelung“, bei dem das Büro die Prüfung übernimmt und dem Plenum Vorschläge macht.

Stakeholderstrategie: Bei IPBES-2 in Antalya noch kaum behandelt, wurde die Strategie zur Einbindung von Stakeholdern zu einem dominierenden Thema in Bonn (Details folgen). Nach langem hin und her bis zur letzten Minute wurde die Strategie dann aber verabschiedet und ermöglicht es den Stakeholdern, sich nun nicht nur individuell (als Expertinnen und Experten) oder im technischen Support einzubringen, sondern auch als Gesamtakteur (mit hoher Diversität…) mitzuwirken. Wichtig wird es im nächsten Jahr sein zu zeigen, dass sich die Stakeholder in einem offenen Netzwerk effektiv, sichtbar und konstruktiv in die Arbeit von IPBES einbringen können, um grade kritischen Regierungen den Mehrwert eines starken Stakeholder-Engagements aufzuzeigen.

Gesamteindruck: War das zweite Plenum in Antalya noch von Verfahrensfragen dominiert, war in Bonn sichtbar, dass sich mit den zahlreichen Scoping-Studien, die zu diskutieren waren, der Fokus nunmehr auf die inhaltliche Arbeit von IPBES verlagert. Dies war zu hoffen, aber nicht unbedingt zu erwarten. Die Breite des Arbeitsprogrammes stellt dabei eine wesentliche Herausforderung, aber auch ein Stärke dar: Die Diskussion etwa über Werte und Bewertung zeigt, wie wichtig es ist, diese Diskussionen stärker auf die politische Bühne zu bringen. Der Prozess ist hierbei ebenso wichtig wie zukünftige Ergebnisse.

Eine Herausforderung bleibt die Kommunikation: Die verabschiedete Strategie ist noch sehr allgemein und muss nun mit Leben gefüllt werden. Auch hier können und müssen Stakeholder eine wichtige Rolle spielen, nicht zuletzt auch, weil das Budget auch hier eng gestrickt ist.

Eine weitere, vielfach angesprochene, Herausforderung bleibt die Integration über das Arbeitsprogramm hinweg, nicht zuletzt auch um sicherzustellen, dass die Assessments nicht alles überstrahlen und die Bearbeitung der anderen Funktionen – Capacity Building, Politikwerkzeuge und –methoden, sowie Identifizierung von Wissensbedarf – sichergestellt werden.

Aber am wichtigsten: Mit den diversen Beschlüssen zu Assessments und anderen Produkten geht die Arbeit nun richtig los, vor allem mit den regionalen Assessments, deren Größe keineswegs trivial ist. Waren bisher ca. 500 Expertinnen und Experten in die Vorbereitung und das erste Assessement zur Bestäubung involviert, wird sich diese Zahl in den nächsten Monaten vervielfachen. In seiner Diversität ist dies für die globale Wissenschafts-Politik-Schnittstelle eine völlig neue Herausforderung.

Und bei IPBES-4 in 2016 steht dann bereits die nächste Herausforderung an: Die Verabschiedung des Assessments zu Bestäubung und Bestäubern mit seinen zahlreichen komplexen und kontroversen Aspekten.


Der Weltbiodiversitätsrat IPBES tagt in Bonn

UFZ-Online, 8.1.15

Vom 12.-17. Januar 2015 findet in Bonn die dritte Vollversammlung des Weltbiodiversitätsrates IPBES statt. Zentrale Verhandlungsthemen sind dabei u.a. die Einbindung von Stakeholdern in den IPBES-Prozess, mögliche Politikunterstützungsinstrumente, der Umgang mit Interessenkonflikten der beteiligten Experten, die Zulassung von Beobachtern im Plenum sowie die Ausrichtung der angestrebten Assessments.

UFZ-Ökonomin Dr. Irene Ring gehört als koordinierende Leitautorin zu einem Kreis von Wissenschaftlern, die sich mit politikunterstützenden Maßnahmen, Werkzeugen und Methoden befassen. Ein Thema, über das in den nächsten Tagen in Bonn verhandelt werden wird.

An IPBES werden große Erwartungen geknüpft – sowohl seitens der Umweltpolitik als auch seitens der Forschung. Gleichzeitig fragt sich die Nichtfachwelt, wozu es neben bestehenden internationalen Prozessen wie der Convention on Biological Diversity (CBD), der United Nations Convention to Combat Desertification (UNCCD) oder dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ein weiteres Gremium im Bereich der Umweltpolitik braucht. Was muss bei IPBES richtig gemacht werden, damit wirklich ein Mehrwert zu bestehenden Prozessen entsteht?

Wenn IPBES die Aufgaben erfüllt, die es sich vorgenommen hat, dann wird es einen deutlichen Mehrwert zu bestehenden Prozessen geben. Denn bevor IPBES gegründet wurde, hat das Umweltprogramm der Vereinten Nationen eine Defizitanalyse durchgeführt. Diese Analyse kam zum klaren Ergebnis, dass bis dato kein globaler und vor allem permanenter Mechanismus existierte, der die heutigen Aufgaben von IPBES erfüllt. Dies war der Ausschlag zur Gründung von IPBES. Die vier Kernaufgaben von IPBES, die sich aus der Analyse ableiteten, sind:
  • die Generierung von Wissen, wobei es hier besonders darauf ankommt, diejenigen wissenschaftlichen Informationen zu identifizieren und priorisieren, die für politische Entscheidungsträger am dringendsten benötigt werden.
  • die Durchführung von Assessments zum Kenntnisstand von Biodiversität und Ökosystemleistungen, und zwar auf globaler und regionaler Ebene, wobei IPBES vorrangig auf Anfragen von Regierungen der Mitgliedstaaten oder multilateralen Abkommen reagiert.
  • die Unterstützung politischer Entscheidungen und ihrer Umsetzung durch die Identifikation und Bereitstellung politikrelevanter Werkzeuge und Methoden, nicht zuletzt um eine Brücke zwischen den Assessmentergebnissen und ihrer politischen Anwendung in der gesellschaftlichen Praxis zu schlagen.
  • der Aufbau von Kapazitäten und Kompetenzen, die für die Mitarbeit bei IPBES notwendig sind und zur Lösung identifizierter Probleme beitragen.
Wie müssen wissenschaftliche Berichte aussehen, damit sie von der Politik über die Umweltressorts hinaus wahr- und ernstgenommen werden?

Wissenschaftliche Berichte müssen so geschrieben werden, dass sie überhaupt von der Politik wahr- und ernstgenommen werden. Das betrifft einerseits die Inhalte, andererseits die Aufbereitung. Bislang wurden Berichte gerade im Biodiversitätsbereich überwiegend von Naturwissenschaftlern geschrieben, die über Status und Trends der Entwicklung von Biodiversität ausführlich berichtet haben.

Die gesellschaftlichen Ursachen des Biodiversitätsverlustes und die sozialen, wirtschaftlichen, politischen oder rechtlichen Lösungsansätze kamen häufig zu kurz, bedingt durch die unterdurchschnittliche Beteiligung von Sozialwissenschaftlern in diesen Prozessen. Dies soll bei IPBES besser laufen. Was die Aufbereitung betrifft, gibt es in der Regel eine Zusammenfassung mit den wesentlichen Ergebnissen und Kernbotschaften als politische Entscheidungsgrundlage sowie eine detaillierte Langversion für die Fachleute aus Wissenschaft und Verwaltung, aber auch für Interessierte aus Politik und Gesellschaft. Gerade bei den Zusammenfassungen für Entscheidungsträger kommt es auf eine einfache, verständliche Sprache an. Um Politiker über die Umweltressorts hinaus zu erreichen, muss je nach Bericht und Produkt zielgruppenorientiert vorgegangen werden. Das kann einen ganzen Bericht oder einzelne Kapitel betreffen. Dabei ist zu berücksichtigen: Wer soll erreicht werden? Was sind die Probleme der zu erreichenden Zielgruppen? Welche Sprache sprechen sie? Und sind „Berichte“ überhaupt das richtige Produkt für diese Zielgruppen? So sind bei IPBES z.B. auch webbasierte Online-Tools zur Recherche vorgesehen, später wird es sicher auch Fortbildungen und Workshops geben, um relevantes Wissen aufzubereiten und an unterschiedliche Zielgruppen zu vermitteln.

Werden bei IPBES-3 für die künftige Relevanz von IPBES wesentliche Beschlüsse gefasst?

Die Umsetzung des IPBES-Arbeitsprogrammes von 2014 – 2018 hat gerade erst begonnen, im letzten Jahr wurden zahlreiche Expertengruppen besetzt, die ihre Arbeit aufgenommen haben. Für IPBES-3 sind durch die IPBES-Gremien und Expertengruppen etliche Arbeits- und Informationsdokumente erstellt worden, erste Erfahrungen wurden gesammelt und ausgewertet. Vorschläge für die Ausrichtung der regionalen und thematischen Assessments sind gemacht und müssen bestätigt oder durch das Plenum korrigiert werden, damit weitergearbeitet werden kann. Für Europa wird wichtig sein, dass es eine gute Abstimmung von IPBES mit dem gerade im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie laufenden MAES-Prozess (Mapping and Assessment of Ecosystems and their Services) zur Erfassung und Kartierung von Ökosystemleistungen in den EU-Mitgliedstaaten gibt, so dass Doppelarbeit vermieden wird.

Für IPBES-3 stehen auch wichtige prozedurale Vorschläge auf der Agenda. So schlägt das Sekretariat aufgrund der Erfahrungen des ersten Jahres vier verschiedene Optionen für die terminliche Durchführung der insgesamt 12 geplanten Assessments vor, mit den jeweiligen Implikationen für die Ressourcenausstattung. Die derzeitige Planung für die erste Option sieht beispielsweise für 2015 die parallele Arbeit an 9 Assessments, für 2016 sogar an 10 Assessments vor, wofür der administrative Aufwand und das nötige Budget bisher unterschätzt worden sind. Deshalb werden mit den drei weiteren Optionen zeitliche und inhaltliche Entzerrungen vorgeschlagen, beispielsweise auch die inhaltliche Integration von thematischen Assessments zu invasiven Arten oder zur nachhaltigen Landnutzung in die regionalen bzw. das globale Assessment.

Nicht zuletzt geht es auch ums Geld: Das IPBES-Sekretariat schätzt die Kosten für die Umsetzung der ersten Option von 2015 bis 2018 auf ca. 41,4 Millionen US $. Freiwillige Zusagen gibt es derzeit aber erst für knapp 14 Prozent dieser Summe, nämlich rund 5,7 Millionen US $, wovon 5,2 Millionen von Deutschland zugesagt wurden. Damit ist noch nicht mal die Arbeit für das Jahr 2015 gesichert. Hier muss noch viel passieren, damit die Arbeit von IPBES fortgesetzt werden kann. Weiterhin stehen wichtige Entscheidungen über den Umgang mit Interessenkonflikten, die Einbeziehung von Beobachtern bei Plenumsveranstaltungen sowie die sogenannte Stakeholder-Engagement-Strategie an.

Sie sind ja bereits in IPBES involviert. Haben Sie den Eindruck, dass Politikrelevanz von den Entscheidern, also dem Sekretariat und dem Plenum, richtig verstanden und umgesetzt wird?

Die vier Kernaufgaben der Plattform sind Wissensgenerierung, die Durchführung von Assessments, Politikunterstützung und Kapazitätsaufbau. Die Arbeit und erwarteten Ergebnisse von IPBES sollen dabei politikrelevant sein, ohne aber der Politik vorzuschreiben, was zu tun sei. Das geht so weit, dass man sich konkrete Politikempfehlungen regelrecht verbittet. Das Verhältnis zum Begriff „Politikrelevanz“ ist somit ein sehr sensibles. Es muss also darum gehen, den Entscheidungsträgern mit den Produkten von IPBES verschiedene Optionen anzubieten, Möglichkeiten und Wege aufzuzeigen, wie bestimmte Ziele zur Erhaltung von Biodiversität und Ökosystemleistungen erreicht werden können. Entscheiden möchten die Entscheidungsträger dann natürlich selbst.

Sie sind ja Teil der Expertengruppe zur Erstellung eines Katalogs für mögliche Politikunterstützungsinstrumente und -methoden. Können Sie generelle Aussagen machen, welche Ansätze und Methoden hier eine wesentliche Rolle spielen müssen, um beispielsweise die 2010 von der CBD in Nagoya gesetzten „AICHI-Ziele“ bis 2020 zu erreichen?

Die Aufgabe unserer Expertengruppe ist die Erstellung eines Online-Verzeichnisses, in dem Ansätze und Methoden zur Politikunterstützung erfasst werden können. Das Feld ist sehr weit und umfasst natur- und sozialwissenschaftliche Ansätze und Methoden. Beispiele wären etwa Kosten-Nutzen-Analysen, Fokusgruppen oder Handbücher. Wir haben die Politikunterstützungsinstrumente in sieben verschiedene Familien eingeteilt, darunter Ansätze und Methoden zur Datenerfassung, zur Durchführung von Umweltbewertungen und Assessments, zu öffentlichen Aussprachen und Beteiligungsprozessen, zur Auswahl und zum Design von Politikinstrumenten, zu Ausbildung und Kapazitätsaufbau, um nur einige zu nennen. Wir beginnen mit diesem Katalog, der dann später durch andere IPBES-Expertengruppen und weitere interessierte Nutzer ergänzt werden kann. So vielfältig wie die sogenannten AICHI-Ziele für den weltweiten Biodiversitätsschutz (http://www.cbd.int/sp/targets/) sind, so zahlreich sind mögliche Ansätze und Methoden zur Politikunterstützung. Generelle Aussagen lassen sich hier kaum machen, denn es ist abhängig vom konkreten Problem und den Umständen, dem gesellschaftlichen Umfeld, den kulturellen Gepflogenheiten und natürlich der relevanten Entscheidungsebene, welche Ansätze und Methoden zum Einsatz kommen können.

Die Erfahrungen mit dem IPCC zeigen, dass er vor allem ein Problembewusstsein für Klimawandel geschaffen hat. Zumindest kommt kein Politikressort mehr daran vorbei, sich damit auseinanderzusetzen. Dennoch geht der Ausstoß von Treibhausgasen unvermindert weiter. Können wissenschaftliche Informationen wirklich derartig große gesamtgesellschaftliche Probleme lösen?

Der Weltklimarat ist in den 1980er Jahren u.a. ins Leben gerufen worden, um das Problem des Klimawandels wissenschaftlich zu belegen. Insofern ist es ein großer Erfolg des Rates, wenn heute kein Politikressort mehr an seinen Ergebnissen vorbeikommt. Wissenschaftliche Informationen können große gesamtgesellschaftliche Probleme auch nicht selbst lösen, sie können nur zur Lösung beitragen. Sie schaffen ein Problembewusstsein, zeigen Entscheidungsträgern aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen Wege und Optionen auf, wie man den Problemen jeweils begegnen könnte. Damit erfüllt die Wissenschaft eine sehr wichtige gesamtgesellschaftliche Rolle – aber entscheiden müssen Entscheidungsträger natürlich selbst. Dies kann nicht die Rolle von Wissenschaft sein. Dass wir aber innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit einen Weltbiodiversitätsrat geschaffen haben, der sich die Stärkung der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik auf die Fahnen geschrieben hat, lässt doch hoffen!


Barbara Hendricks: Wir brauchen biologische Vielfalt für nachhaltige Entwicklung

BMUB Pressemitteilung, 12.1.15

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat heute die dritte Plenarsitzung des Weltbiodiversitätsrats in Bonn eröffnet. Aufgabe des Weltbiodiversitätsrats IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) ist die wissenschaftliche Politikberatung beim Thema biologische Vielfalt. Bis zum 17. Januar 2015 tagt das mit dem Weltklimarat IPCC vergleichbare Gremium im World Conference Center Bonn (WCCB) im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestages.

Hendricks: "Wir Politiker brauchen detaillierte Handlungsvorschläge, um den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen. Denn wie könnten wir, ohne dass der tropische Regenwald CO2 speichert, unser Klima regulieren? Wie könnten wir ohne die Vielfalt genetischer Ressourcen neue Wirkstoffe für Medikamente entwickeln? Und wie könnten wir uns ohne vielfältige pflanzliche und tierische Lebensmittel ausgewogen ernähren? Ich bin überzeugt: Wir brauchen biologische Vielfalt und die essentiellen Leistungen der Ökosysteme, um uns nachhaltig zu entwickeln."

Dem Weltbiodiversitätsrat kommt vor dem Hintergrund der Post-2015 Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen und der nachhaltigen Entwicklungsziele eine wichtige Rolle zu. IPBES soll politischen Entscheidungsträgern zuverlässig unabhängige und glaubwürdige Informationen über den Zustand und die Entwicklung der Biodiversität zur Verfügung stellen – damit diese gut informierte Entscheidungen zu ihrem Schutz treffen können. IPBES wird von dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) verwaltet. Der Sekretariatssitz befindet sich in Bonn.

Rund 20 deutsche Wissenschaftler engagieren sich bereits in Expertengruppen des IPBES Arbeitsprogramms. Zurzeit erstellen sie unter anderem eine Vorstudie für ein Gutachten zu Landdegradierung und Wiederherstellung, ein Gutachten zu Bestäubern, Bestäubung und Nahrungsmittelproduktion sowie Vorstudien zu regionalen und subregionalen Gutachten zu Biodiversität und Ökosystemleistungen.

Anknüpfend an die beiden IPBES-Plenarsitzungen, die 2013 in Bonn und in Antalya stattfanden, werden auf der dritte Plenarsitzung weitere Schritte zur Umsetzung des ambitionierten Arbeitsprogramms 2014-2018 verabschiedet, die noch ausstehenden Verfahrensfragen zur Arbeitsweise des Rats behandelt und eine Strategie für eine weitreichende Einbindung von Stakeholdern entwickelt, für deren Beteiligung Deutschland eigens eine deutsche IPBES Koordinierungsstelle ins Leben gerufen hat.




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