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Aktuell

Zu den Koalitionsverhandlungen

So geht Klimaschutz

Greenpeace nennt vier Maßnahmen, mit denen die Große Koalition zeigen kann, dass sie Klimaschutz ernst meint. Und bis Ende 2019 etwa 60 Millionen Tonnen Treibhausgas spart.

Von Ortrun Sadik, Greenpeace-Online, 31.1.18

120 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das ist das, was Deutschland zum Erreichen seines seit zehn Jahren feststehenden Klimaschutzzieles 2020 zu viel hat – jedes Jahr. Seit Langem schon tritt das einstige Klimaschutzvorzeigeland auf der Stelle. Im vergangenen Jahr haben wir so viele Treibhausgase ausgestoßen, wie bereits 2009. Dabei müsste der Ausstoß von Klimagasen jährlich sinken, so hat Deutschland es der Welt versprochen.

Diese „Handlungslücke“, wie die 120 Millionen Tonnen im Sondierungspapier der Großen Koalition heißen, müssen und sollen geschlossen werden. Die Idee der neuen Regierung: durch eine Kommission, die Maßnahmen erarbeitet. Die Idee von Greenpeace: Ein paar ganz wichtige Klimaschutzmaßnahmen passieren sofort. Über den Rest redet dann die Kommission. Denn sonst vergehen noch einmal zwei Jahre, ohne dass Deutschland dem Ziel näher kommt. Doch im Klimaschutz können wir uns keine weiteren Verzögerungen leisten.

Älteste Braunkohlekraftwerke abschalten

Und so sehen die Maßnahmen im Einzelnen aus:
  • Die ältesten und klimaschädlichsten Braunkohlekraftwerke gehen sofort vom Netz. Und zwar im Umfang von fünf Gigawatt, das entspricht je nach Kraftwerksgröße drei bis zwölf Kraftwerken. Allein diese Maßnahme brächte Einsparungen im Wert von 16 bis 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr.
  • Alle Kohlekraftwerke, die älter sind als 20 Jahre, dürfen maximal 4000 Volllaststunden im Jahr laufen. Diese Drosselung geht sofort, ohne Entschädigungsforderungen der Kraftwerksbetreiber nach sich zu ziehen. Und brächte eine Entlastung von 30 bis 40 Millionen Tonnen Treibhausgasen weniger jedes Jahr.
  • Wind und Solarkraft werden so ausgebaut, wie es das Sondierungspapier der Großen Koalition vorsieht. Wodurch der Treibhausgasausstoß um weitere acht bis zehn Tonnen jedes Jahr gesenkt werden kann.
  • Der Neubau von Kohlekraftwerken und der Aufschluss neuer Kohletagebaue werden verboten. Bis die Kommission einen gesetzlich verankerten Kohleausstieg beschlossen hat, sollten alle Fakten schaffenden Maßnahmen wie Umsiedlungen oder das Abreißen von Baudenkmälern wie den Immerather Dom ausgesetzt werden.
Mit diesen Maßnahmen könnten bis Ende 2019 die Hälfte der sogenannten Handlungslücke geschlossen und der jährliche Treibhausgasausstoß Deutschlands um 60 Millionen Tonnen gesenkt werden. Und die Kommission, die sich des Themas in der Großen Koalition annehmen soll, hätte anderthalb Jahre Zeit und könnte wie geplant bis Ende 2018 ganz in Ruhe Maßnahmen für den gesetzlich geregelten und sozialverträglichen Kohleausstieg erstellen. Sie könnte in Ruhe ausarbeiten, wie man den betroffenen Regionen in der Lausitz und im Rheinischen Revier beim Strukturwandel helfen kann. Und mit welchen Maßnahmen die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. So geht Klimaschutz.


Petition an Koalition

WWF-Petition: Koalition muss Sofortmaßnahmen für den Klimaschutz beschließen

WWF Pressemitteilung, 30.1.18

Mit einer Petition will der WWF dafür sorgen, dass die Verhandler von Union und SPD notwendige Maßnahmen zum Klimaschutz ergreifen. „Eine neue Bundesregierung muss den Kampf gegen die Erderhitzung, die unsere Lebensgrundlagen gefährdet, in den Mittelpunkt ihrer Politik rücken. Wir befinden uns an einem Scheidepunkt: Die nächste Regierung darf essentielle Schritte wie den Kohleausstieg nicht länger hinauszögern, sonst riskieren wir neben schwerwiegenden ökologischen Folgen auch enorme soziale und ökonomische Probleme“, sagt Jörg-Andreas Krüger, Mitglied der Geschäftsleitung beim WWF Deutschland. Unter www.wwf.de/kohlefrei kann ab heute jeder Bürger sofortige Klimaschutzmaßnahmen von der nächsten Regierung fordern.

„Die nächste Regierung muss schnell die Hälfte der Kohlekapazitäten vom Netz nehmen, bis 2035 muss der Kohleausstieg abgeschlossen sein. Das erfordert auch tragfähige Lösungen für die Kohleregionen in Deutschland. Die Regierung steht in der Pflicht, sie mit der Abkehr von der gestrigen Kohle für die Zukunft zu rüsten“, sagt Krüger. „Mit der Petition fordern wir, in den Koalitions-Fachverhandlungen ein Paket von Klimaschutz-Sofortmaßnahmen zu beschließen, die das 40-Prozent-Reduktionsziel der Bundesregierung erreichen. Außerdem brauchen wir endlich ein wirksames Klimaschutzgesetz, um die Klimaziele langfristig auf sichere Füße zu stellen. Sonst sind wir auch kurz vor 2030, 2040 und 2050 wieder Millionen Tonnen CO2 von unseren Zielen entfernt.“

Das 2020-Ziel wird Deutschland sicher verfehlen, wenn jetzt nichts mehr geschieht. Und nicht nur dieses: Auch ein verbindliches EU-Ziel für 2020 erreicht die Bundesrepublik nicht. „Seit neun Jahren stagniert unser CO2-Ausstoß auf hohem Niveau. Wir verbrennen mehr Braunkohle als jedes andere Land der Welt. Im Verkehrssektor steigen die Emissionen sogar, statt zu sinken. Deutschland schadet sich selbst und ruiniert seine internationale Glaubwürdigkeit. Es ist Aufgabe der neuen Regierung, die Versäumnisse aufzuarbeiten und Deutschland endlich zukunftsfähig aufzustellen“, so Krüger.

Unterstützung bekommt die Petition von Lisa Storcks aus der WWF Jugend. Auf ihre Frage hatte Angela Merkel bei einer TV-Show vor der Bundestagswahl im September 2017 gesagt: „Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen.“ „Jetzt heißt es Wort halten“, sagt Lisa Storcks. „Ich erwarte, dass Frau Merkel das Versprechen, dass Sie mir und der Öffentlichkeit gegeben hat, einhält und schon im Koalitionsvertrag die nötigen Schritte dafür festschreibt.“


Countdown bis 2020

WWF und LichtBlick zeigen mit animierten Grafiken, wo die Bundesregierung Ziele für 2020 zu verfehlen droht

WWF Pressemitteilung, 29.1.18

Bei den Koalitionsverhandlungen im Schnellverfahren in dieser Woche drohen entscheidende Ziele im Klima-, Energie- und Verkehrssektor aus dem Blick zu geraten. Dabei wird die Zeit hierfür knapp: Bis Ende 2020 bleiben nur noch rund drei Jahre, um die gesetzten Ziele zu erfüllen. Der WWF Deutschland und LichtBlick haben sich den Status Quo für fünf Ziele der Bundesregierung einmal genauer angesehen – und zeigen Wege auf, wie sie noch erreicht werden können. Dazu werden auf der Homepage www.energiewendebeschleunigen.de animierte Grafiken zu folgenden Zielen veröffentlicht:

- Die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Derzeit beträgt die Lücke noch 156 Mio. Tonnen CO2. Die Lösung: der Kohleausstieg. Um die 40 Prozent zu erreichen, die bis 2020 gesetzt sind, muss die Hälfte der Kohlekapazitäten vom Netz.

- Die Stromversorgung in 2020 zu 35 Prozent mit Erneuerbaren abzudecken. 2017 betrug der Anteil der Erneuerbaren laut Umweltbundesamt 33,1 Prozent. Obwohl wir hier der Zielerreichung nahe sind, braucht der Ausbau mehr Dynamik - wurde aber in den vergangenen Jahren von der Bundesregierung gebremst. Um Deutschland bis 2050 treibhausgasneutral zu machen, darf der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik nicht länger gedeckelt werden.

- Den Bruttostromverbrauch bis 2020 um 10 Prozent ggü. 2008 zu senken. Geschafft sind gerade einmal 1,6 Prozent. Um weniger Strom zu verbrauchen, ist eine höhere Effizienz maßgeblich.

- Den Primärenergieverbrauch um 20 Prozent ggü. 2008 zu senken. Derzeit stehen wir bei lediglich 6 Prozent. Um dem Ziel noch näher zu kommen, braucht es endlich die richtigen Anreize, etwa Steuererleichterungen für die Sanierung von Häusern und vor allem die Abbildung von Klimaschädlichkeit im Preis der Rohstoffe.

- Eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen. Zu Beginn des Jahres zählte das Kraftfahrt-Bundesamt gerade einmal 109.489 elektrisch betriebene Fahrzeuge (Batterie und Hybrid). Von einer Million sind wir also noch weit entfernt. Näher kommen wir dem Ziel nur mit einer klaren politischen Strategie für die Verkehrswende.







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