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Klimawandel als Sicherheitsrisiko

Klimawandel als Sicherheitsrisiko

Germanwatch begrüßt morgige Debatte im UN-Sicherheitsrat auf Initiative von Pakistan und Großbritannien

Germanwatch Pressemitteilung, 14.2.13

Bonn. Am morgigen Freitag wird sich der UN-Sicherheitsrat in New York in einer dreistündigen Sitzung mit den Risiken und Handlungsnotwendigkeiten zum Klimawandel beschäftigen. Hintergrund der Sitzung sind ungewöhnliche katastrophale Flutkatastrophen der letzten Jahre in Pakistan, die nach oben korrigierten Einschätzungen in Bezug auf den Meerespiegelanstieg und eine Weltbankstudie über die Risiken bei unzureichend gebremster Emissionsentwicklung. Zu den hochrangigen Sprechern gehören neben dem UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Hans-Joachim Schellnhuber, Weltbank-Vizepräsidentin Rachel Kyte sowie hochrangige Vertreter der kleinen Inselstaaten und der ärmsten Entwicklungsländer. Die Debatte findet auf Initiative der Regierungen von Pakistan und Großbritannien statt.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer: "Bei ungebremstem Emissionsausstoß drohen die Risiken des Klimawandels zu eskalieren, wie jüngste Berichte der Weltbank und des Weltwirtschaftsforums betonen. Die ärmsten Entwicklungsländer sind den Risiken im Hinblick auf Ernährungssicherheit, Zugang zu Trinkwasser, Wetter- und Flutkatastrophen besonders schutzlos ausgesetzt. Die wachsenden Sicherheitsrisiken durch den Klimawandel lassen sich nicht militärisch, sondern einerseits durch Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, andererseits durch Anpassungsmaßnahmen vor Ort eindämmen. Wir begrüßen es sehr, dass Pakistan und Großbritannien blockübergreifend die Initiative ergreifen. Dies kann einen wichtigen Beitrag leisten, das Thema jenseits der üblichen Nord-Süd-Spannungen in der Klimadiplomatie zu diskutieren."

Germanwatch kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der deutsche Wirtschaftsminister Rösler zu den wichtigsten Bremsern gehört, welche die EU daran hindern eine angemessene Rolle zu spielen. Er blockiert die notwendige Reform des Emissionshandels und ein ehrgeizigeres EU-Ziel. "Die Blockade von Minister Rösler ist ein Musterbeispiel dafür, wie kurzfristige Wahltaktik die Handlungsfähigkeit der EU untergräbt."

Germanwatch gratuliert Pakistan zu dieser Initiative. "Der jüngste Germanwatch Klima-Risiko-Index zeigt, dass Pakistan 2011 zu den drei am stärksten von Wetterkatastrophen betroffenen Ländern gehört hat", so Christoph Bals. "Die Katastrophen haben zur weiteren Destabilisierung dieses Atomstaates beigetragen. Sie haben das Recht auf Wasser, Nahrung und Gesundheit für viele Menschen in der Region untergraben. Durch die Initiative zeigt Pakistan auch seine Solidarität mit den kleinen Inselstaaten und den ärmsten Entwicklungsländern (LDCs), die besonders verletzlich gegenüber den Folgen des Klimawandels sind. Für den Mut zu dieser Initiative, die sicher nicht von allen Schwellen- und Ölländern im Block der Entwicklungsländer unterstützt wird, gebührt Pakistan Respekt."

Germanwatch drängt die EU nun zu einer übergreifenden klimadiplomatischen Strategie: "Zwei der nächsten drei UN-Klimagipfel zur Vorbereitung eines für 2015 geplanten neuen internationalen Klima-Abkommens werden in Europa stattfinden, 2013 in Warschau und 2015 in Paris. Die EU muss hierzu Handlungsfähigkeit zuhause dokumentieren und die Klimaverhandlungen durch intensive Klimadiplomatie unterstützen. Deutschland, das 2012 als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates das Thema bereits auf die Agenda des Sicherheitsrates gesetzt hatte, nimmt hier neben Großbritannien und der EU-Kommission eine Schlüsselrolle ein."


Klimaforscher Schellnhuber brieft den UN-Sicherheitsrat

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Pressemitteilung, 14.2.13

Weil der Klimawandel auf höchster internationaler Ebene zunehmend als Sicherheitsrisiko erkannt wird, haben Pakistan und Großbritannien Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ersucht, zu einer dreistündigen Diskussion mit Mitgliedern des UN Sicherheitsrats nach New York zu kommen. Thema des Treffens: „potentielle Bedrohungen durch mögliche nachteilige Auswirkungen des Klimawandels auf den Erhalt von Frieden und Sicherheit“. Es findet an diesem Freitag im UN-Hauptquartier statt. Generalsekretär Ban Ki-moon plant, daran teilzunehmen.

„Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht verringert wird, begibt sich die Menschheit auf den Weg in eine ungewisse Zukunft – sie wagt sich in eine Welt, die viel heißer ist als je zuvor in ihrer Geschichte“, sagt Schellnhuber, Direktor des PIK und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats globale Umweltveränderungen der deutschen Bundesregierung. „Aus der Sicht des Wissenschaftlers ist der Klimawandel deshalb ein Multplikator für Risiken, sie nehmen um ein Vielfaches zu.“

Viele Millionen Menschen könnten von den Folgen betroffen sein. Diese reichen vom Anstieg des Meeresspiegels, der die Häufigkeit schwerer Überflutungen erhöht, bis zu Veränderungen der Luftströmungen in der Atmosphäre, die beispielsweise Störungen des Monsuns auslösen könnten. „Es ist bemerkenswert, dass Pakistan und Großbritannien gemeinsam dieses Treffen einberufen haben“, so Schellnhuber. „Sie zeigen durch ihr Handeln, nicht bloß durch Worte, dass der Klimawandel ein Thema ist sowohl für Entwicklungsländer als auch für Industriestaaten.“

Klimawandel könnte gesellschaftliche Kipp-Dynamiken auslösen

Wenn die internationale Staatengemeinschaft es zulässt, dass die globale Mitteltemperatur deutlich über die von dieser Gemeinschaft vereinbarte Zwei-Grad-Grenze hinausgeht, könnten wichtige Kipp-Punkte in Natur und Umwelt überschritten werden. „Das Erdsystem reagiert nicht linear auf den Ausstoß von Treibhausgasen – Elemente wie der Regenwald des Amazonas könnten recht drastisch ihren Zustand ändern, wenn bestimmte Schwellenwerte der Erwärmung überschritten werden“, erklärt Schellnhuber.

„Dies könnte wiederum Kipp-Prozesse in den internationalen Beziehungen auslösen, die in der Krise zunächst etwas mehr Kooperation zeigen, bei einer Zuspitzung dann aber im scharfen Wettbewerb um natürliche Ressourcen stehen, etwa um Nahrungsmittel“, so Schellnhuber. „Allerdings ist auch eine andere Form gesellschaftlicher Kipp-Dynamik vorstellbar – mit Staaten und Völkern, die sich der bevorstehenden Gefahren bewusst werden, und die große Transformation zur Nachhaltigkeit beginnen.“ Ein kleines Beispiel hierfür könnte die deutsche Energiewende sein.

Schellnhuber ist der einzige Wissenschaftler, der zu dem UN-Treffen eingeladen wurde. Die anderen Gastredner sind Tony DeBrum, Regierungsmitglied auf den Mashall-Inseln, Rachel Kyte, Vize-Präsidentin für nachhaltige Entwicklung bei der Weltbank, und Gyan Acharya, Untergeneralsekretär und Hoher Repräsentant der am wenigsten entwickelten Länder. Diskutiert werden sollen unter anderem Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernährungssicherheit, der Erhalt der Zusammenarbeit beim Management der Wasserversorgung angesichts von verringerten Abflüssen aus geschrumpften Gletschern, und mögliche große Migrationsbewegungen von Menschen über Grenzen hinweg.

Das informelle Treffen bei den Vereinten Nationen wird unter der so genannten Arria-Formel des Sicherheitsrats stattfinden; diese erlaubt es, externe Fachleute vor den Mitgliedern sprechen zu lassen. Diese Regelung wurde zum ersten Mal 1992 eingesetzt, durch den UN-Botschafter Venezuelas, Diego Arria. Seitdem hat sie beträchtliche Bedeutung gewonnen, weil sie dem Rat mehr Beweglichkeit erlaubt. Der Sicherheitsrat hat bislang zweimal das Thema Klimawandel beraten, einmal unter der Führung von Großbritannien und einmal unter jener Deutschlands. Das aktuelle Arria-Treffen könnte nun dazu beitragen, den Klimawandel als Sicherheitsthema auf der Agenda des Rats fest zu etablieren.


Mit Vorschlaghammer gegen Energiewende

WWF-Stellungnahme zum gemeinsamen Vorschlag von BMU und BMWi zur Dämpfung der Kosten bei der Energiewende
Regine Günther, Leiterin Klima und Energie: Altmaiers Vorschlag zur Einführung einer Strompreis-Sicherung ist nicht zielführend und hoch problematisch


WWF Pressemitteilung, 14.2.13

Als insgesamt „destruktiv und unglaubwürdig“ kritisiert Regine Günther, Leiterin Klima- und Energiepolitik beim WWF Deutschland, den am Donnerstag in Berlin vorgestellten Vorschlag von Umwelt- und Wirtschaftsministerium zur Kostensenkung beim Ausbau der Erneuerbaren Energie. „Die zentralen Pfeiler der Energiewende werden mit dem Vorschlaghammer bearbeitet. Das gesamte Fundament wird zusehends instabil“, so Günther. Auch wenn einzelne Punkte durchaus diskussionswürdig seien, führten die geplanten Maßnahmen nicht dazu, die Strompreise für Verbraucher signifikant zu senken. So müssten etwa die Ausnahmen für die Industrie noch wesentlich umfangreicher abgebaut werden. „Der Umweltminister kapituliert vor seiner eigentlichen Aufgabe, den dynamischen Ausbau erneuerbarer Energie zu gewährleisten. Stattdessen werden mit den gemachten Vorschlägen Investoren abgeschreckt und verunsichert“, kritisiert die WWF-Expertin.

Stellungnahme von Regine Günther, Leiterin Klimapolitik beim WWF Deutschland:

„Die Minister Altmaier und Rösler scheinen die fallenden Preise an der Strombörse nicht an die Verbraucher weitergegeben zu wollen. Anders sind diese Vorschläge nicht zu deuten. Es ist geradezu paradox, dass ausgerechnet ein liberaler Wirtschaftsminister verhindert, dass die Bürger von fallenden Marktpreisen profitieren. Dabei gibt es durchaus Vorschläge, wie dies ermöglicht werden könnte. So müssten etwa die Energieversorger verpflichtet werden, den Grundversorgungstarif auf Basis der Börsenstrompreise zu erstellen. Eine Begrenzung der EEG-Umlage kann auf diese Weise nicht garantiert werden. Zudem wird der dynamische Ausbau Erneuerbarer Energien durch die vorgestellten Maßnahmen faktisch zum Erliegen gebracht. Von dem Bestreben, die EU-Effizienzziele zu erreichen, scheine man sich ebenfalls verabschiedet zu haben. Der gesamte Kompromiss ist daher destruktiv und unglaubwürdig.

Auch das Diskussionspapier des Wirtschaftsministeriums zur Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie ist eine Gefahr für die Energiewende. Es scheint, als habe sich die Bundesregierung im Schatten der aufgeheizten Strompreisdiskussion darauf verständigt, die Effizienzziele faktisch zu Grabe zu tragen. Doch ohne eine höhere Effizienz wird die Energiewende nicht gelingen. Das im Herbst 2010 im Rahmen des Energiekonzepts beschlossene Energiesparziel haben die Minister nun im Hinterzimmer praktisch halbiert. Mit Taschenspielertricks wie der Anrechnung von LKW-Maut, Netzentgelten und Stromsteuer als 'verbrauchssenkende Maßnahmen' soll offenbar verhindert werden, zusätzliche und wirksame Maßnahmen zur Energieverbrauchssenkung ergreifen zu müssen.

Insgesamt bedrohen die zuständigen Minister die historische Chance, die sich Deutschland gerade bietet anstatt sie zu befördern.“


Rösler verschärft Angriff auf Energiewende

Altmaiers Strompreisbremse wird zur "Energiewende-Bremse"

BUND Pressemitteilung, 14.2.13

Berlin: Der BUND kritisierte die Vorstellungen von Bundesumweltminister Peter Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler zur Begrenzung der Strompreise als "Werkzeugkasten zur Beschneidung der erneuerbaren Energien". Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sieht in der sogenannten "Strompreisbremse" vor allem eine Energiewende-Bremse.

"Zwei Bundesminister scheinen sich zu einem Generalangriff auf die Energiewende verabredet zu haben. Bundeswirtschaftsminister Rösler hat Peter Altmaiers Vorstellungen von einer Strompreisbremse verschlimmbessert. Wenn die heute auf dem Tisch liegenden Vorschläge durchkommen, wird das Vertrauen der in erneuerbare Energien Investierenden massiv erschüttert. Der dynamische Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne wird ausgebremst", sagte Weiger.

Zwar müsse das Erneuerbare-Energien-Gesetz durchaus weiterentwickelt und optimiert werden. "Entscheidendes Kriterium für ein neues Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien ist, dass der weitere Ausbau einer umweltfreundlichen Stromerzeugung durch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort weitergeht. Die Pläne der Bundesregierung sind geeignet, dieses Erfolgsmodell abzuwürgen", sagte der BUND-Vorsitzende. Kleinere Investoren und Bürgergenossenschaften in der Branche der erneuerbaren Energien brauchten mehr statt weniger Sicherheit. "Wer die Bürgerenergiewende ausbremst, will vor allem die Profite von Eon&Co. sichern", kritisierte Weiger.

Der BUND-Vorsitzende forderte den Bundesrat auf, das Gesetzesvorhaben in dieser Form klar abzulehnen. "Die Strategie der Bundesregierung, vor der anstehenden Bundestagswahl die erneuerbare Stromerzeugung zum Sündenbock für steigende Preise zu machen, zeigt, dass sie in Wahrheit keine Energiewende will. Ohne die Energiewende abzubremsen, lässt sich die EEG-Umlage verringern, wenn die Kosten gerechter verteilt werden", so Weiger.




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