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Massenvertreibungen in Indien

Undercover-Reportage deckt Massenvertreibungen aus indischen Tigerschutzgebieten auf

Survival International Deutschland e.V. Pressemitteilung, 22.7.15

Dem französischen Fernsehsender Canal Plus ist es mit Investigativ-Recherchen gelungen, die illegale Ausweisung Tausender Indigener aus dem Kanha-Tigerschutzgebiet aufzudecken. Diese vollzog sich unter dem Vorwand des „Naturschutzes“. Mehr als 100.000 Touristen besuchen den Kanha-Nationalpark jedes Jahr.

Eine Fernseh-Reporterin besuchte Familien des Volkes der Baiga, die 2014 aus dem Schutzgebiet vertrieben worden waren, in dem das weltberühmte „Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling spielt. Die Journalistin fand heraus, dass das Leben der Familien zerstört war, seit sie ihre Häuser gegen ihren Willen verlassen mussten. Die Indigenen kämpfen um ihr Überleben, nachdem sie sich auf verstreut gelegene Dörfer in der Umgebung verteilen mussten.

Der Baiga Sukhdev wurde ermordet, nachdem seine Dorfgemeinde 2014 aus Kanha vertrieben worden war. Seine Leiche wurde gefunden, nachdem er versucht hatte, Land für seine Familie zu kaufen.

In einem Interview mit Survival International, der globalen Bewegung für die Rechte indigener Völker, hatte Sukhdev 2012 erklärt: „Wir werden keinen anderen Ort finden, der wie dieser ist. Wie sollen wir dort heimisch werden? Wie sollen wir unsere Kinder großziehen? Wir brauchen unsere Felder und unsere Häuser … Läuft es nicht darauf hinaus, dass wir sterben werden?“

Sukhdevs Bruder sagte zu Canal Plus: „Wir zählten zu den letzten Familien, die noch Widerstand leisteten. Doch die Menschen aus dem Nationalpark zwangen uns zu gehen. Sie erklärten uns, sie würden sich drei Jahre lang um uns kümmern, doch dann taten sie überhaupt nichts. Sogar nach dem Mord an meinem Bruder kam niemand, um uns zu helfen.“

Mehrere Untersuchungen belegen, dass Tiger sehr wohl in Gegenden gedeihen, die von Menschen bewohnt werden. Die Baiga haben seit Generationen Seite an Seite mit dem Tiger gelebt und betrachten ihn als ihren „kleinen Bruder“. Den Massentourismus im Kanha-Tigerreservat dagegen hat ein führender Naturschutz-Experte als „unverträglich und schädlich“ für den Erhalt der Tiger bezeichnet.

Das Fernseh-Team erhielt Zugang zu einem vertraulichen offiziellen Bericht, der die systematische Umsiedlung von 22.000 Menschen aus Tiger-Schutzgebieten in der Gegend aufführt. Nach indischem Recht müssen indigene Völker einer Umsiedlung zustimmen – in der Realität aber werden sie so lange schikaniert, bis sie ihre Heimat verlassen.

Der World Wide Fund for Nature (WWF) hat im Kanha-Tigerreservat Unterstützung im Bereich der Infrastruktur geleistet sowie bei der Ausbildung und Ausrüstung des Nationalpark-Personals geholfen. In einem Interview mit Canal Plus weigerte sich der Direktor des WWF Indien, die Vertreibungen zu verurteilen.

Stephen Corry, Direktor von Survival International, erklärte: „Der sogenannte „Naturschutz“ zerstört weiterhin indigene Völker, so wie es schon seit Generationen der Fall ist. Die Indigenen haben niemals eine Bedrohung für die Tiger dargestellt. Keine Frage, dass es für die Tiger das Beste wäre, wenn die indigenen Völker nicht weggingen, sondern die Touristen fortblieben. Indigene Völker tun grundsätzlich mehr für den Naturschutz als riesige Nichtregierungsorganisationen wie der WWF, die schweigend zusehen, wie Menschen wie Sukhdev und seine Familie gewaltsam aus Naturschutzgebieten vertrieben werden. Es ist höchste Zeit, dass diese Vertreibungen aufhören und der Skandal öffentlich gemacht wird.“




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