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Aktuell

Bauernverband und Anti-Naturschutz-Kampagne

Siedlungsbau statt Naturschutz bekämpfen

NABU, BUND und DNR fordern von Bauernverband den Stopp seiner irreführenden "Stoppt Landfraß"-Kampagne
Umweltverbände: Verkehrs- und Siedlungsbau statt Naturschutz bekämpfen


Pressemitteilung von NABU, BUND und DNR vom 20.1.2012

Berlin: Zu Beginn der Internationalen Grünen Woche haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund (NABU) und der Deutsche Naturschutzring (DNR) den Deutschen Bauernverband aufgerufen, sich für ein Ende des besorgniserregenden Landschaftsverbrauchs durch den Verkehrs-, Industrie- und Siedlungsbau einzusetzen. Zwar werbe der Bauernverband unter dem Motto "Stoppt Landfraß" für eine Reduzierung des Verlusts von wertvollen Böden. Allerdings stehe dahinter weniger das Anliegen, flächenfressende Baumaßnahmen zu reduzieren, sondern vielmehr Ausgleichsmaßnahmen für die Natur zu stoppen.

"Statt mit billiger Propaganda und falschen Zahlen die Kluft zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu verstärken, muss der Bauernverband endlich mit den Umweltschutzverbänden zusammenarbeiten, um den für alle schädlichen Flächenverbrauch zu stoppen. Dabei sind Mythen über die angebliche Einschränkung der Landwirtschaft durch zu viel Naturschutz fehl am Platz. Die wahren Probleme im Siedlungs- und Verkehrswegebau müssen gemeinsam benannt und energisch angegangen werden", fordert NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Im Rahmen seiner Kampagne "Stoppt Landfraß" verweise der Bauernverband immer wieder auf den angeblich erheblichen Flächenverlust für die Landwirtschaft durch Ausgleichsmaßnahmen, die bei Baumaßnahmen nötig werden. Tatsächlich gehen jeden Tag rund 90 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland durch Gewerbe-, Siedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen verloren, das sind rund 31.000 Hektar im Jahr. Für Ausgleichsmaßnahmen wird jedoch nur ein geringer Teil landwirtschaftlicher Nutzflächen herangezogen, sondern deutlich mehr landwirtschaftlich ohnehin nicht genutzte oder nicht nutzbare Flächen. Ein Teil der Ausgleichsflächen könne zudem auch weiterhin bewirtschaftet werden, betonen die Umweltverbände.

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Es ist zynisch und verlogen, wenn der Bauernverband Ausgleichsflächen für den Naturschutz als Landfraß, Flächenverbrauch oder Flächenfraß bezeichnet. Ausgleichsflächen sind im Gegensatz zu asphaltierten oder bebauten Flächen Lebensräume für viele Arten, sie erhöhen die Grundwasserqualität und die Bodenfruchtbarkeit. Damit haben Ausgleichsflächen nicht nur für die Natur, sondern auch für die Landwirtschaft und die Menschen positive Auswirkungen. Wir rufen den Bauernverband auf, seine Landfraß-Kampagne umgehend zu stoppen und die wahren Verursacher des Flächenverbrauchs, nämlich den Straßen- und Siedlungsbau zu bekämpfen."

Der Bauernverband setze sich politisch dafür ein, dass Ausgleichsmaßnahmen durch Geldzahlungen und sogenannte "produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen" – wie Blühstreifen in bestehenden Äckern – ersetzt werden. Aus Sicht der Umweltverbände würde dies jedoch eine Schwächung des Naturschutzrechts bedeuten und den weiteren Flächenverbrauch nochmals erleichtern.

DNR-Vizepräsident Hartmut Vogtmann: "Der Bauernverband muss endlich gemeinsam mit Naturschützern den Flächenverbrauch durch Verkehr und Baumaßnahmen stoppen, seinen Widerstand gegen eine europäische Bodenrahmenrichtlinie aufgeben und für den Erhalt von Grünland und eine artenreiche Kulturlandschaft eintreten."

Die Umweltverbände fordern: Statt Naturschutzflächen zum Sündenbock zu machen, brauchen wir ein stärkeres Engagement der Bauernschaft für den Naturschutz. Zahlreiche Bauern sind seit langem Partner des Naturschutzes, bei der Landschaftspflege, der extensiven Bodennutzung und bei der Regionalvermarktung. Es muss Schluss sein mit den Schuldzuweisungen und endlich ein konstruktives Miteinander geben."


Demonstration "Wir haben es satt!" – 23.000 verlangen von Merkel Neuausrichtung der Agrarpolitik

Verbraucherinnen und Verbraucher, Umweltorganisationen, Tierschützerinnen und Tierschützer, Imkerinnen und Imker, entwicklungspolitische Gruppen, Bäuerinnen und Bauern fordern Bauernhöfe statt Agrarindustrie. Bundesregierung soll Zukunft der Landwirtschaft sichern

BUND Pressemitteilung, 21.1.12

Berlin: 23.000 Menschen haben heute in Berlin gegen Lebensmittelskandale, Gentechnik im Essen und Tierquälerei in Megaställen und für eine bäuerliche, ökologische und zukunftsfähige Landwirtschaft demonstriert. Verbraucher, Umwelt- und Tierschützer, Imker, Bäuerinnen und Bauern sowie entwicklungspolitische Gruppen zogen unter dem Motto "Wir haben es satt! – Bauernhöfe statt Agrarindustrie" zum Kanzleramt und verlangten von Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik. Die Veranstalter werfen der Bundesregierung vor, bei der Reform der EU-Agrarpolitik vor allem Unterstützer und Steigbügelhalter für die Agrarindustrie zu sein, anstatt die Forderungen der Zivilgesellschaft durchzusetzen. Die Agrarzahlungen müssten an ökologische, soziale und Tierschutzkriterien gekoppelt und für Großbetriebe gedeckelt werden, verlangten sie. Sämtliche Subventionen für den Agrarexport seien zu stoppen. Zu der Demonstration hatte ein Bündnis aus über 90 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt-, Tier-, Verbraucherschutz und Entwicklungszusammenarbeit aufgerufen.

Die Nigerianerin Mariann Bassey, Sprecherin von Friends of the Earth, dem internationalen Dachverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagte: "Die Politik hat die schrankenlosen Spekulationen auf Lebensmittel erst ermöglicht und ist gleichzeitig für den Landraub für Futtermittel und Agrosprit in den Ländern des Südens verantwortlich. Beides treibt die Lebensmittelpreise hoch und schließt Hungernde vom Zugang zu fruchtbarem Land und zu Lebensmitteln aus. Für das Menschenrecht auf Nahrung müssen Spekulation und der Agrospritboom ausgebremst werden. Die europäische Agrarpolitik braucht eine Kehrtwende weg von der Überproduktion und von Fleischexporten."

Die Köchin, Gastronomin und Buchautorin Sarah Wiener sagte: "Jüngst wurden antibiotikaresistente Keime in Hühnerfleisch gefunden - dies ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben diese ständigen Lebensmittelskandale satt. Es ist höchste Zeit, dass endlich grundlegende Konsequenzen daraus gezogen werden. Wir müssen weg von der Agrarindustrie, hin zu einer bäuerlichen und nachhaltigen Landwirtschaft."

Der Bauer Moritz Schäfer von der jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (jAbL) betonte: "Unser breiter Protest gegen die Agrogentechnik wirkt. Die BASF musste ihre Gentech-Kartoffel in Europa aufgeben, da die gesellschaftliche und bäuerliche Akzeptanz fehlt. Das ist auch eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung, denn die Amflora von der BASF war die erste Kartoffel, die es in einen Koalitionsvertrag geschafft hatte. Auch in der EU-Agrarpolitik forciert Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner bislang die Agrarindustrie. Und das obwohl die agrarindustriellen Strukturen Klimawandel, Hungerkrisen und das Höfesterben verschärfen. Die EU-Direktzahlungen müssen an Arbeitskräfte und Umweltleistungen gebunden und nach oben gekappt werden und dürfen nicht die Agrarindustrie mästen. Dann finden sie auch gesellschaftliche Akzeptanz."

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, stellte fest: "Es geht um die Systemfrage: Lassen wir es weiter zu, Tiere in Haltungssysteme zu zwingen, die ihnen Schmerzen und Leid zufügen? Denn das ist heute Alltag für Millionen von Tieren. In den Intensivhaltungen leiden sie direkt. Unter den Folgen leiden aber auch Umwelt, Bäuerinnen und Bauern sowie Verbraucherinnen und Verbraucher. Daher braucht es den Schulterschluss der gesellschaftlichen Gruppen. Wir kämpfen für mehr Tierwohl im Stall, gegen Gentechnik-Futtermittelimporte aus Übersee und für mehr Unterstützung der bäuerlichen artgerechten Landwirtschaft."


20.000 demonstrieren für eine bessere Landwirtschaft

Gastautor Martin Hofstetter für greenpeace-Online, 21.1.12

Ein toller Erfolg: Trotz widriger Wetterverhältnisse, Schneeregen und schneidendem Wind sind heute über 20.000 Menschen aus ganz Deutschland nach Berlin gekommen, um für eine andere Agrarpolitik zu demonstrieren. Anlass ist die Grüne Woche, Europas größte Agrar- und Lebensmittelmesse, auf der sich auch Agrarpolitiker aus allen Ländern ein Stelldichein geben.

20.000 demonstrieren auf der Grünen Woche für eine bessere LandwirtschaftIm Rahmen der Kampagne “Meine Landwirtschaft” hatten über 90 Umwelt-, Bauern-, Verbraucher- und Tierschutzorganisationen zu einer Demonstration für einen Systemwechsel in der Agrarpolitik aufgerufen. Und der ist dringender denn je. Auch wenn die BASF vor einigen Tagen ihren Rückzug aus dem Geschäft mit der Agro-Gentechnik in Europa angekündigt hat und damit ein toller Erfolg für den zivilen Widerstand zu vermelden ist.

Denn die Landwirtschaft in Deutschland hat sich insgesamt in den vergangenen Jahren negativ entwickelt: immer größere Ackermonokulturen, hoher Pestizideinsatz, permanenter Rückgang der Artenvielfalt. Feldlerchen, Kiebitze oder Feldhasen haben keinen Platz in der von immer größeren Maschinen ausgeräumten Agrarlandschaft. Am dramatischsten sind wohl die Entwicklungen in der Tierhaltung, immer mehr Nutztiere werden in industrialisierten Tierhaltungsfabriken gehalten. Die Folgen: Hoher Antibiotikaeinsatz, steigender Einsatz von Importfuttermitteln wie Gen-Soja, die permanente Gefahr eines neuen Tierseuchenausbruchs und steigende Klimagase aus der Tierhaltung alarmieren immer mehr Menschen und bedrohen unsere Lebensgrundlagen. Das merkt man auch der Demonstration hier in Berlin an, viele protestieren gegen die industrialisierte Tierhaltung und für geringeren Fleischkonsum. Der Protest ist bunt und vielfältig, trotz grauen Wetters.

q 20.000 demonstrieren auf der Grünen Woche für eine bessere LandwirtschaftEin Richtungswechsel in der Agrarpolitik national wie international ist mehr als überfällig. Das zeigte sich bereits bei der Diskussion auf der hochkarätig besetzten Agrarministerkonferenz am heutigen Samstagmorgen. Der neue FAO-Generalsekretär sowie Minister aus Afrika und Asien wollen neue Prioritäten bei der Armuts- und Hungerbekämpfung setzen und kritisieren gleichzeitig die Fleischproduktion und die Verarbeitung von Lebensmittelpflanzen wie Mais, Raps und Palmöl zu Agrosprit. Von der deutschen Verbraucherministerin sind solche Sätze nicht zu erwarten. Zu groß ist ihre Nähe zur Agrar- und Ernährungsindustrie. Ganz anders da Agrarkommissar Ciolos, der deutlich macht, dass gentechnisch manipulierte Nahrung keine Abnehmer in Europa findet und er Unternehmen, die deshalb aus Europa abziehen, keine Träne nachweint.

20.000 demonstrieren auf der Grünen Woche für eine bessere LandwirtschaftBei der anstehenden europäischen Agrarreform zeigt sich Aigner einmal mehr als vehemente Blockiererin. Agrarkommissar Ciolos dagegen diskutierte mit NGOs konstruktiv über die anstehende Agrarreform. Indirekt forderte er die anwesenden Gruppen auf, in ihrem Protest nicht nachzulassen und verglich die europäische Agrarpolitik mit einem Elefanten, den man nur langsam und mit gemeinsamer Anstrengung in die richtige Richtung bewegen könne. Er scheint verstanden zu haben, dass nur ein Systemwechsel in der Landwirtschaft Verbraucherschutz gewährleisten kann und die Herausforderungen des Klimaschutzes, der Hungerbekämpfung und des Artenrückgangs lösen wird.


Grüne Gentechnik und Grüne Woche: Regierung fördert mit 400 Millionen Euro

WWF: Kein Steuergeld für Grüne Gentechnik
Deutscher Öko-Anteil bei Landwirtschaft hinter Österreich, Estland und Tschechien


WWF Pressemitteilung, 20.1.12

Berlin - Zum Start der „Grünen Woche“ und der geplanten Großdemonstration unter dem Motto „Wir haben es satt!“ am Samstag in Berlin, kritisiert der WWF die Förderpolitik der Bundesregierung. Die ökologische werde gegenüber der konventionellen Landwirtschaft noch immer massiv benachteiligt. So würden für ökologischen Landbau und andere Formen der nachhaltigen Landwirtschaft gerade einmal Forschungsgelder in Höhe von 8 Mio. Euro pro Jahr bereitgestellt. Im Gegensatz dazu wird die Bioökonomie-Forschung, die auch auf Gentechnik und Biotechnologie setzt, pro Jahr mit 400 Millionen Euro gefördert.

„Die Förderpolitik der Bundesregierung ist gegen die Mehrheit der Deutschen gerichtet, die Gentechnik in der Landwirtschaft klar ablehnt. Ein höherer Anteil an ökologischer Landwirtschaft käme zudem Umwelt, Mensch und Kulturlandschaft zu Gute“, kritisiert Tanja Dräger de Teran, Referentin Ernährung beim WWF Deutschland. Auch die Förderung für die Umstellung oder Beibehaltung von Öko-Betrieben stehe auf „wackeligen Beinen“. So hat Schleswig-Holstein diese bereits 2010 als erstes Bundesland eingestellt. Insgesamt sei die Förderung zwischen 2004 und 2009 um elf Prozent gesunken. Damit befände sich das einstige Vorreiterland im europäischen Mittelfeld wieder. „Statt die Förderung zu verbessern wird die Förderung eingefroren. So lassen sich die ambitionierten, nationalen Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen“, kritisiert Dräger de Teran.

Im Jahr 2002 wurde festgelegt, den Anteil der Öko-Anbaufläche in Deutschland bis 2010 auf 20% zu erhöhen. Tatsächlich lag der Anteil vor zwei Jahren gerade einmal bei 5,9%. Damit steht Deutschland weit hinter Ländern wie Österreich (18,5 %), Schweden (12,8 %), Tschechien (10,6) oder Estland (12,8). Seitens der Bundesregierung heißt es nunmehr vage, man „beabsichtigt, die Rahmenbedingungen für den Umstieg so zu gestalten, dass in den nächsten Jahren ein Anteil von 20 % erreicht werden kann“. Der WWF bezeichnete diese Absichtserklärung als „vollkommen unzureichend und den Interessen von Verbrauchern und Umwelt widersprechend“.

Nach einer aktuellen WWF-Studie landen in Deutschland jedes Jahr Nahrungsmittel auf dem Müll, für deren Produktion eine Fläche von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns benötigt wird. „Statt weiterhin eine Intensivierung der industriellen Landwirtschaft zu verfolgen, sollten wir besser mit unseren Ressourcen wirtschaften. Die Zukunft im Agrar-Bereich ist 'Bio', auch wenn die Bundesregierung das noch nicht erkannt zu haben scheint“, sagt Dräger de Teran. So habe inzwischen auch die Welternährungsorganisation FAO erklärt, dass ein "Weiter wie bisher" keine Option sei. Das Paradigma eines intensiven Ackerbaus werde den Aufgaben des Jahrhunderts nicht gerecht, so die FAO.




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