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Aktuell

Globale Bienenkrise

Welt-Biodiversitätsrat legt globalen Bericht zur Lage von Blütenbestäubern vor

BMUB Pressemitteilung, 29.2.16

Der Weltbiodiversitätsrat hat seinen ersten globalen Bericht zum Thema "Blütenbestäuber und ihre Bedeutung für die Nahrungsmittelproduktion" vorgelegt. Das zwischenstaatliche Gremium beschloss den Bericht in seiner Plenarsitzung in Kuala Lumpur (Malaysia), die am Sonntag zu Ende ging. Demnach sind die intensive Landwirtschaft und der Einsatz von Pestiziden in einigen Weltregionen verantwortlich für den dramatischen Verlust von Bienenvölkern und anderen Bestäubern.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Wenn wir die Bienen nicht hätten, dann hätten wir bald auch keine Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen mehr. Die Bienen und andere Bestäuber schaffen Milliardenwerte, auf die die Menschheit dringend angewiesen ist. Der Weltbiodiversitätsrat zeigt: Wir brauchen eine nachhaltigere Landwirtschaft, auch in Deutschland und Europa. Es kann nicht sein, dass mit öffentlichen Geldern eine Landwirtschaft unterstützt wird, die letztendlich unsere Lebensgrundlagen zerstört. Wir sollten stattdessen den Landwirten die Leistungen vergüten, die sie für den Natur- und den Artenschutz und für die Kulturlandschaft erbringen."

In vielen Gebieten der Erde werden seit einigen Jahren dramatische Verluste der Blütenbestäuber (hauptsächlich wildlebende Bienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, aber auch Honigbienen) beobachtet, für die es bisher keine umfassenden Erklärungen gibt. Die Produktion vieler qualitativ hochwertiger pflanzlicher Lebensmittel, vor allem Obst und Gemüse, hängt von der Blütenbestäubung ab.

Ein Ergebnis des Berichts ist, dass der dramatische Verlust von Bienenvölkern in Europa und Nordamerika in anderen Weltregionen nicht in gleicher Weise auftritt. Weiterhin wird deutlich, dass intensive landwirtschaftliche Produktion und besonders die Anwendung von Pestiziden eine Hauptgefährdungsursache für die Blütenbestäuber und die Bestäubung darstellt. Die Antwort ist eine nachhaltigere Landwirtschaft mit vielfältigen Strukturen. Dazu gehören diversifizierte Anbausysteme, ökologischer Landbau und der Ausbau der sogenannten ökologischen Infrastruktur, beispielsweise Hecken, Feldränder oder Gewässerrandstreifen.

Mit Spannung erwartet wurde die Analyse der Forschungsergebnisse zu Pflanzenschutzmitteln und gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP). Für die negativen Einflüsse von Pestiziden wie Neonikotinoiden und GVP auf die Blütenbestäuber gibt es erste Hinweise, jedoch sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht so weit gesichert, um zu einer abschließenden Wertung kommen zu können. Gerade die nicht tötenden Einflüsse von Neonikotinoiden müssen verstärkt im Freiland und unter realen Feldbedingungen getestet werden, um ihre möglichen Auswirkungen auf das Überleben und die Fortpflanzungsfähigkeit von Bienen, Käfern, Schmetterlingen und vielen anderen Insekten einschätzen zu können. Die Studie weist allerdings darauf hin, dass die Risikobewertungen bei den Zulassungen von GVP in den meisten Ländern nicht ausreichend auf die negativ beeinflussenden Auswirkungen auf die Blütenbestäuber eingehen.

Für die erste globale Studie des 2012 gegründeten Welt-Biodiversitätsrates (IPBES) haben Experten wissenschaftliche Erkenntnisse aus allen Erdteilen zusammengetragen und ausgewertet. Auch das umfangreiche Erfahrungswissen indigener Völker und lokaler Gruppen wurde einbezogen. Mit den Ergebnissen stellt der neue Biodiversitätsrat, dessen Sekretariat in Bonn angesiedelt ist, den Regierungen der Mitgliedsstaaten bestmögliche und wissenschaftlich fundierte Informationen zur Entscheidungsfindung zur Verfügung.


Weltbiodiversitätsrat gibt Überblick über die Bedeutung der Bestäuber und Maßnahmen zu ihrem Schutz

Von Sebastian Tilch, NeFo, 26.2.16

Vier Jahre nach seiner Gründung hat IPBES seinen ersten Bericht verabschiedet. Er fasst den aktuellen Stand des Wissens zur Bedeutung, Bedrohung und dem Schutz von Bestäubern zusammen und zeigt anhand von Zahlen: Bestäubung ist eine essenzielle Leistung der Natur für das Wohlergehen und die Gesundheit der Menschen. Bestäubervielfalt ist wichtig zur Erhaltung dieser Leistung, die aber durch verschiedene Faktoren zunehmend bedroht ist. Neben Lebensraum- und Nahrungsmangel in den monotonen Agrarlandschaften leiden die Tiere auch an vermehrt angewendeten Insektiziden wie etwa Neonicotinoiden. Dies wurde nun erstmals auch im Freiland nachgewiesen. Politische Unterstützung kleiner strukturreicherer Landnutzung wären wirksame Gegenmaßnahmen, meint Mitautorin Prof. Alexandra M. Klein von der Universität Freiburg. Im NeFo-Interview diskutiert sie die wichtigsten Aspekte und was den Bericht wertvoll macht.

„Bestäubung durch Tiere spielen eine zentrale Rolle für die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Natur. Weltweit sind fast 90 Prozent der bekannten Wildpflanzenarten zumindest teilweise auf den Transport von Pollen durch Bestäuber angewiesen.“ So beginnt die Intergovernmental Platform for Biodiversity and Ecosystem Services IPBES ihre Zusammenfassung für Politikschaffende (SPM) ihres allerersten Berichtes. Die Welt sähe also anders aus - wesentlich ärmer an Farben und Formen, gäbe es keine Bestäuber. Doch schon der Titel des ersten IPBES-Assessments zu „Bestäubung, Bestäubern und Nahrungsproduktion“ zeigt, dass die so genannte Ökosystemleistung „Bestäubung“ für das menschliche Dasein eine noch wesentlich existenziellere Rolle spielt: Erntemenge und Qualität von über drei Vierteln der weltweit meist genutzten Nahrungspflanzen hängen voll oder zu einem gewissen Grad von Tierbestäubung ab. Diese Pflanzen nehmen bis zu 35 Prozent der gesamten Agrarflächen der Erde ein.

64 Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt haben das aktuelle Wissen zu einem weiten Feld von Fragen zur Bestäubung zusammengetragen:

Welche Rolle spielt Bestäubung für die Nahrungsproduktion? Wie kann der Wert der Bestäubung für die Gesellschaft wirtschaftlich bemessen werden? Schwinden wilde oder domestizierte Bestäubertierarten regional oder weltweit, und wodurch? Was sind die Folgen eines Bestäuberschwundes für die Ernährungssicherheit, sozialen Zusammenhalt und auch die Wirtschaft? Und welche Optionen hat die Politik und Gesellschaft um die wertvollen Leistungen zu erhalten? Heute wurde der Bericht zu Bestäubung, Bestäubern und Nahrungsproduktion sowie seine Kurzfassung für Politikschaffende (Summary for Policy Makers SPM) von der IPBES-Vollversammlung in Kuala Lumpur verabschiedet.

Eine kurze Zusammenfassung der Kernbotschaften des Berichtes sowie Interviews mit zwei beteiligten deutschen Wissenschaftlern lesen Sie bei NeFo unter www.biodiversity.de.


Flatterhafter Aufschwung

Bestand gefährdeter Monarchfalter erholt sich
WWF: Schmetterlinge weiter von Landwirtschaft bedroht


WWF Pressemitteilung, 1.3.16

Mexiko-Stadt/Berlin - Der Bestand des Amerikanischen Monarchfalters (Danaus plexippus) hat sich erstmals seit vielen Jahren spürbar erholt. Die aktuelle Zählung des WWF zeigt, dass im Vergleich zum Vorjahr fast vier Mal so viele Schmetterlinge in ihrem Winterquartier in Zentralmexiko angekommen sind. Die Umweltschützer zählten neun Kolonien, die eine Fläche von 4,01 Hektar besiedeln. „Das sind ermutigende Zahlen, aber leider sind die Tiere damit nicht über den Berg“, sagt Arnulf Köhncke, Artenschutzexperte beim WWF Deutschland. „Wir müssen die Lebensräume der Falter besser schützen und in der Landwirtschaft weniger Pestizide verwenden. Sonst bleibt die diesjährige Erholung ein unverhoffter Ausschlag nach oben.“

Der Trend bei den Monarchfaltern zeige seit mehr als zehn Jahren nach unten. Daran ändere auch die aktuelle Zählung nichts. Entscheidenden Anteil an der Schmetterlingskrise hat nach Angaben des WWF die Landwirtschaft. In den USA und Kanada seien in den letzten Jahren zahlreiche Siedlungsflächen der Insekten in Ackerflächen umgewandelt worden. Auch in Mexiko dezimierten illegale Abholzungen ihr Winterquartier. Zugleich mache der massive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln den Monarchfaltern indirekt zu schaffen. Die Seidenpflanzen, Hauptnahrung der Raupen, würden stetig seltener, wodurch es der Falter-Nachwuchs immer schwerer habe. Der WWF fordert daher eine möglichst naturnahe Landwirtschaft, die auch Rückzugsräume für wildlebende Tiere und Pflanzen bietet.

Die Reise der Monarchfalter gilt als weltweit einmaliges Naturphänomen. In den USA und Kanada machen sich im Spätherbst Millionen der Schmetterlinge auf in Richtung Süden. Die Tiere legen gemeinsam bis zu 4.200 Kilometer zurück, um ihr Winterquartier im Hochland von Zentralmexiko zu erreichen. Da die Insekten eine Lebenserwartung von nur wenigen Wochen haben, braucht es mehrere Generationen für die Wanderung. In Mexiko lassen sich die Falter dann in mehreren kleinen Waldarealen nieder. Ihre Zahl ist so gewaltig, dass sich die Äste der Kiefern, Tannen und Zypressen unter dem Gewicht der federleichten Monarchen verbiegen. Auch der Boden unter den Nadelbäumen gleicht einem orangen Meer aus schwarz geäderten, weiß getupften Schmetterlingsflügeln. Die Größe dieser Teppiche aus Schmetterlingsflügeln dient dem WWF dazu, die Bestandgröße abzuschätzen.




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