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Aktuell

Hitech gegen Holzmafia

Mit Hightech gegen Holzdiebe

Waldschutz mit Überwachungstechnik – dabei unterstützt Greenpeace brasilianische Ureinwohner. Das Ziel: Illegale Rodungen stoppen und die nationale Regierung wachrütteln.

Von Michelle König, Greenpeace-Online, 11.9.15

Fotofallen und Wärmekameras – mit diesen Mitteln kämpfen derzeit Greenpeace-Aktivisten und Ureinwohner in Brasilien für den Erhalt des Amazonas. Die Umweltschützer kehrten Anfang September aus dem Nordosten des brasilianischen Regenwaldes zurück; dort haben sie zusammen mit dem indigenen Volk der Ka'apor die Überwachungstechnik installiert.

Denn seit Jahren roden Holzfäller in dem Gebiet illegal Urwaldhölzer. Alle Appelle der Ka'apor an die Regierung waren bisher vergeblich, Unterstützung blieb aus. Greenpeace hilft den Ureinwohnern deshalb dabei, das Eindringen der Holzfäller in ihr Gebiet zu dokumentieren und zu überwachen.

Holzeinschlag bedroht Schutzgebiet

In Brasilien leben rund 900.000 Angehörige verschiedener indigener Völker; unter ihnen auch die Ka'apor. Sie bewohnen seit rund 300 Jahren den Amazonas. Ihr Land liegt in Alto Turiacu, einem Schutzgebiet im brasilianischen Bundesstaat Maranhão. Trotzdem wurde dort bis 2014 rund acht Prozent des Waldes illegal gerodet. Denn Forstunternehmen dringen auf der Suche nach wertvollem Holz häufig auch in Schutzreservate ein. Besonders Ipe-Holz, das beim Terrassenbau zum Einsatz kommt, wird immer wieder illegal geschlagen – im internationalen Handel bringt es bis zu 1300 Euro pro Kubikmeter.

Da die Ka'apor aber wie die meisten indigenen Völker zum Überleben auf ihre Wälder und Flüsse angewiesen sind, können und wollen sie die illegalen Rodungen nicht mehr hinnehmen. Seit 2008 fordern sie deshalb öffentlich deren Stopp. „Wir kämpfen für unsere Heimat“, erklärt ein Vertreter der Ka'apor, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nennen möchte. „Ka'apor bedeutet schließlich 'Waldbewohner' und deshalb müssen wir den Amazonas verteidigen.“

Überwachung dringend nötig

Die Überwachungstechnologie soll nun Beweise für die illegalen Aktivitäten der Holzfäller sammeln; die Aufzeichnungen werden dann der brasilianischen Regierung vorgelegt. Dabei ordnete ein nationales Gericht bereits Anfang 2014 an, das Gebiet der Ka’apor zu überwachen. Umgesetzt wurde dieser Beschluss von offizieller Seite jedoch nicht. Nun veranlassen die Ka’apor mit Unterstützung von Greenpeace die Überwachung also selbst. „Das bringt die zuständigen Behörden hoffentlich dazu, endlich auch etwas gegen die Gewalt zu tun, die der illegale Holzeinschlag über die Region gebracht hat“, erklärt Marina Lacorte, Expertin für den Amazonas bei Greenpeace Brasilien.

Denn der Konflikt zwischen Holzfällern und den Ka'apor eskaliert immer weiter: So wurde am 26. April 2015 Eusébio Ka'apor, einer der aktivsten Wortführer im Kampf gegen die Abholzung, von zwei vermummten Männern niedergeschossen. Er starb wenige Stunden später an seinen Verletzungen. Kurz darauf drohten Holzfäller Eusébios Sohn, dass sie weitere Indigene ermorden könnten. Die mutmaßliche Verstrickung der Holzmafia in die Tat wurde von den brasilianischen Behörden weder gründlich untersucht noch aufgeklärt.

Illegales Holz mit „legalen“ Papieren

2014 veröffentlichte Greenpeace nach zweijähriger Recherche in Brasilien einen Report zum illegalen Holzeinschlag im Amazonas. Dieser belegt: Handelsfirmen manipulieren immer wieder das brasilianische Kontrollsystem, um illegal geschlagenes Holz mit offiziellen Papieren auszustatten. Derart deklariert, gelangte es auch auf die internationalen Märkte, obwohl europäisches und amerikanisches Recht das eigentlich verhindern sollte.

Greenpeace fordert deshalb die am internationalen Handel beteiligten Firmen dazu auf, über offizielle Dokumente hinaus zu kontrollieren, woher das gehandelte Holz kommt. Außerdem muss die brasilianische Regierung alle seit 2006 genehmigten Waldbewirtschaftungspläne überprüfen und endlich einen konsequenten Schutz der Indigenengebiete gewährleisten. „Wenn die Ka'apor ihre Gebiet schon mit ein wenig technischer Unterstützung sicherer machen können, wie kann es dann sein, dass die brasilianische Regierung dazu nicht in der Lage ist?“, fragt Greenpeace-Expertin Lacorte.


Brasilien: Indianerstamm wehrt sich gegen die Holzmafia

(dpa) - 10. September, 2015

http://www.feelgreen.de/brasilien-indianerstamm-wehrt-sich-gegen-die-holzmafia/id_75370186/index


„Der Wald ist unser Zuhause“

Brasilien will die Regenwaldabholzung bis 2030 stoppen: Grund für Rinderfarmer und Holzmafia, noch schneller zu roden. Nun sollen GPS-Chips helfen.

Von Georg Ismar, dpa, 11.9.15

http://www.taz.de/!5231507/


Reich werden lieber ohne Regenwald

Brasilien tut viel für den Waldschutz, trotzdem steigt die Abholzung. In Itaituba am Amazonas kann man erleben, warum: Die Wirtschaft boomt, weil Bäume fallen.

Von Thomas Fischermann, ZEIT-Online, 9.9.15

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/amazonas-boom-brasilien-abholzung-baeume


Schutz für brasilianische Feuchtgebiete

Eine Studie, an der Max-Planck-Forscher mitwirkten, schafft die Basis für neue Schutzregeln

Max-Planck-Institut für Chemie Pressemitteilung, 9.9.15

Forschungsergebnisse von Max-Planck-Wissenschaftlern schaffen die Basis für neue Umweltschutzgesetze in Brasilien. Das dortige Umweltministerium hat Vorschläge für neue Bestimmungen ausgearbeitet, um die empfindlichen Ökosysteme der ausgedehnten Feuchtgebiete in der Amazonasregion, im Pantanal und an den Küsten zu erhalten. Die beabsichtigten Schutzmaßnahmen für die ökologisch und ökonomisch sehr bedeutenden Gebiete beruhen auf der Definition und Klassifizierung aus einer Studie, an der Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz beteiligt waren.

Feuchtgebiete gehören zu den fragilsten Ökosystemen der Erde. In vielen Ländern werden sie durch Abholzung, Grundwasserabsenkung und den Klimawandel bedroht. „In Brasilien wird die Bedeutung von Feuchtgebieten, die etwa 20 Prozent der Landfläche ausmachen, zwar für mehr und mehr Menschen offenkundig“, sagt Florian Wittmann, der in einer Forschungsstation im brasilianischen Manaus forscht und an der Studie zu den brasilaniischen Feuchtgebieten unter Schirmherrschaft des Brasilianischen Instituts für Feuchtgebietforschung (INAU) mitgewirkt hat: Sie dienen als Trinkwasserspeicher, schützen vor Überschwemmungen, regulieren das regionale Klima, dienen als Fischgründe, und sind durch ihren Reichtum an Tier- und Pflanzenarten als genetische Ressourcen sehr attraktiv. „Dennoch werden Jahr für Jahr viele Hektar der Ökosysteme durch Abholzung und Verschmutzung geschädigt oder gar zerstört, weil sich daraus ein kurzfristiger Profit schlagen lässt.“ Das führe dann zu extremen Trockenheiten einerseits und extremen Überschwemmungen andererseits, wie es die bevölkerungsreichen Großstädte im Süden und Südosten Brasiliens in jüngster Zeit immer wieder erlebt haben.

Um dem Schwinden der Feuchtgebiete entgegenzuwirken, stößt das brasilianische Umweltministerium derzeit neue Regelungen an, mit denen es die Feuchtgebiete des Landes schützen möchte. Die vor kurzem veröffentlichten Empfehlungen des Ministeriums sollen die Grundlage für neue Gesetze bilden. Diese Empfehlungen basieren maßgeblich auf einer wissenschaftlichen Studie, an der Florian Wittmann vom Max-Planck-Institut für Chemie mitwirkte.

Der maximale Hochwasserstand markiert die Grenze eines Feuchtgebietes

Das Forscherteam definierte zum einen, was Feuchtgebiete sind. „Bisher gibt es in Brasilien keine einheitlichen Kriterien, Feuchtgebiete als solche festzulegen. Daher gelten auch keine verbindlichen Schutzbestimmungen.“ Florian Wittmann hält in der Definition der aktuellen Studie den Passus für besonders wichtig, in dem die Grenzen von Feuchtgebieten beschrieben werden, vor allem solcher, in denen der Wasserstand wie im Amazonasgebiet regelmäßig stark schwankt. Demnach markiert dort der höchste Pegel den Rand des Ökosystems. Die vom Umweltministerium vorgeschlagenen Schutzbestimmungen sollen für entsprechend große Gebiete gelten.

Würden die Vorschläge tatsächlich in Gesetzen umgesetzt, machte die brasilianische Regierung rückgängig, was sie erst 2012 auf Druck der Agrarindustrie beschlossen hatte. Damals verlegte sie die Grenze von Feuchtgebieten vom maximalen auf den mittleren Hochwasserstand. Das klingt vielleicht nach einer Detailfrage, weicht die Schutzregeln aber massiv auf. Denn damit wurde die Grenze von Feuchtgebieten am Amazonas deutlich flusswärts verschoben, was die geschützte Fläche um bis zu 50 Prozent reduzierte. Im besten Fall würde das wieder zurück gedreht.

In ihrer Studie klassifizieren die Forscher die Ökosysteme zudem. Sie unterscheiden dabei nicht nur zwischen Feuchtgebieten an den Küsten, im Inland und künstlichen angelegten Feuchtgebieten, sondern verfeinern die Einteilung der Flächen auch anhand von geologischen, hydrochemischen, hydrographischen und botanischen Eigenschaften. So charakterisiert die Grasart Cyperus giganteus beispielsweise einige Sümpfe mit relativ stabilem Wasserstand. In den zumeist bewaldeten Weißwassergebieten des Amazonas, in denen der hohe Anteil an Schwebstoffen das nährstoffreiche Wasser hellbraun färbt, schwankt der Wasserstand dagegen um zehn Meter und mehr. „An den unterschiedlichen Eigenschaften muss sich auch der jeweilige Schutz der Gebiete orientieren“, sagt Florian Wittmann.

Die Interessen der Agrarindustrie stehen dem Schutz entgegen

Der Geograf hofft, dass die Empfehlungen zügig in eine nachhaltige Gesetzgebung umgesetzt werden. „Es ist einer der wenigen Momente, in der man die Politik beeinflussen kann“, sagt der Max-Planck-Forscher stolz. Das Bewusstsein für die ökologische und ökonomische Bedeutung der Feuchtgebiete wachse in Brasilien. „Ich bin daher zuversichtlich, dass die neuen Gesetze kommen werden“, sagt Wittmann. Wann das der Fall sein wird, lasse sich aber kaum abschätzen. Denn das Verfahren könne sich noch hinziehen, weil die Interessen der Agrarindustrie, die eine mächtige Lobby in der Politik besitzt, einer Ausweitung des Schutzes entgegenstehen.

Plantagenbesitzer und Viehzüchter sind auch mitverantwortlich, dass der Umwelt- und Naturschutz in jüngerer Vergangenheit immer wieder beschnitten wurde. Seit Jahren beobachtet Florian Wittmann, der in den Überschwemmungswäldern des Amazonas forscht, Verschlechterungen in den Feuchtgebieten. So erlaubt es die Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2012, bisher geschützte Feuchtgebiete in landwirtschaftliche Nutzflächen umzuwandeln. Und genau das geschieht auch vielerorts. Viele Pflanzenarten seien zudem an den jahreszeitlichen Wechsel der Wasserstände angepasst. „Die zahlreichen Staudämme im Amazonasgebiet führen dazu, dass das natürliche Flutverhalten der Flüsse verändert wird“, erklärt der Forscher. „Dadurch werden für den Nährstoffhaushalt wichtige Schwebstoffe im Wasser zurückgehalten, wodurch wiederum viele Pflanzen- und Tierarten verschwinden.“

Die jetzigen Schutzbemühungen werden durch die Vereinten Nationen begünstigt, die Anfang Juni 2015 in Uruguay zur weltweiten Bestandsaufnahme von Feuchtgebieten mit internationaler Bedeutung tagte. Brasilien unterzeichnete die zugrunde liegende Ramsar-Konvention zum Schutz und der nachhaltigen Nutzung von Feuchtgebieten bereits 1993. Unter den 158 Staaten, die die Verpflichtung bisher unterschrieben haben, ist auch Deutschland.




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